Das Leben ist ein Hospital, in dem jeder sein Bett wechseln möchte.
-Charles Baudelaire, französischer Schriftsteller *09-Apr-1821, † 31-Aug-1867
Nicht ganz, lieber Herr Baudelaire, würde ich antworten, wenn besagter Herr das heute und in meiner Gegenwart geäußert hätte. Denn ich möchte das Bett eigentlich nicht wechseln, falls ich mich in einem metaphorischen Hospital befinden sollte.
Sicher könnte es mir vielleicht besser gehen, wenn ich einen anderen Platz im Leben einnehmen würde, theoretisch wäre das allemal denkbar. Ich könnte, dem Gedankenspiel folgend, zum Beispiel der aller materiellen Sorgen enthobene Sohn eines Multimillionärs sein, meine Zeit ausschließlich für Tätigkeiten verwenden, die mir Freude machen, mein Interesse und meine Begeisterung wecken. Ich könnte auch das Bett von jemandem einnehmen, der keinen Krebs bekommt, nie im langen und gesunden Leben bekommen wird.
Aber. Aber abgesehen davon, dass beim Bettentausch ja wohl keineswegs die Gewissheit gegeben wäre, dass ich in ein »besseres« Schicksal hinein wechseln würde (wie viele reiche Menschen bringen sich um oder saufen sich langsam ins Grab, wie viele körperlich gesunde Menschen sind innerlich totunglücklich?), abgesehen davon würde mir vieles fehlen, was mir wichtig und wertvoll ist.
Hätte ich nach dem Bettentausch meine Familie um mich? Wäre da die beste aller Ehefrauen an meiner Seite, in guten wie in schlechten Tagen, in sehr guten wie in hundsmiserabel schlechten Tagen? Wären da meine Kinder samt Ehefrauen und Enkeln? Wäre da Teresa, wären da all die guten Freunde, wären da die vielen Menschen, die mein Leben auf unterschiedliche Weise bereichern?
Und hätte ich all die bösen und guten Stunden und Tage und Wochen und Monate erlebt, die mich geprägt haben, die mein Denken, mein Glauben, mein Wissen geformt und geprägt haben? Könnte ich so wie jetzt in diesen Tagen das Alltägliche als wunderbares Geschenk begreifen und mich daran freuen? Wäre ich dankbar, wäre ich zufrieden, wäre ich ich?
Lieber Herr Baudelaire, Sie sehen schon: Das Wechseln des Bettes gehört zu meinen Wünschen im Hospital des Lebens nicht. Ich würde mein Leben und mein Erleben nicht hergeben wollen. Ich bin dankbar für das, was ich genießen und erleben darf, ich bin zufrieden mit dem, was das Leben mir trotz aller Widrigkeiten oder gerade auch in allen Widrigkeiten gebracht und gezeigt hat.
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