Ich kann eigentlich überhaupt nicht mitreden. Weder habe ich Theologie studiert, noch Philosophie, Kirchengeschichte oder Sozialwissenschaften. Ich bin kein Pastor, Pfarrer oder Priester, noch nicht einmal Diakon, Ältester oder Kirchenhelfer. Dennoch rede ich mit, wenn es um Gott geht.
Vielleicht gerade, weil ich all das nicht studiert habe, keine derartigen Ämter bekleide. Wenn Glaube und Unglaube eine Frage der Berufswahl, der Ausbildung, der Herkunft wird, dann kann der Gott, an den da jeweils geglaubt wird, nicht sonderlich überzeugend sein. Dann braucht er Fachleute und Spezialwissen, um wahrgenommen und erklärt zu werden. Dann ist er nicht alltagstauglich.
Es wäre ein törichter Kurzschluss, zu meinen, dass Fachleute entbehrlich sind. Das gilt für alle Disziplinen. Wenn wir keine Ärzte und Fachärzte hätten, ginge es uns lange nicht so gut, ohne Architekten würden wir in Lehmhütten hausen und ohne Politiker womöglich mit Holzkeulen auf unsere Nachbarn losgehen. Spezialisten sind notwendig, auch in Fragen der Religion.
Doch muss man ihnen, nur weil sie sich nach einem entsprechenden Studium mit Ewigkeitsfragen auseinanderzusetzen versuchen, blind vertrauen? Darf man ihnen nicht widersprechen? Stehen ihre Aussagen über jeglicher Kritik? Wohl kaum, dafür sorgen sie ja schon selbst, indem sie oft genug Thesen und Argumente liefern, die mit denen von anderen Theologen unvereinbar sind.
Auch ein Pastor, Priester, Pfarrer kann und darf sich irren. So wie ich für mich selbst das Recht auf Irrtum in Anspruch nehme - aus Erfahrung in Anspruch nehmen muss - so dürfen andere etwas verkünden, was nicht richtig ist. (Ich rede hier vom Irrtum, nicht von bewusster Irreführung und Manipulation.) Und dem irrenden Fachmann darf widersprochen werden. Es darf debattiert und diskutiert werden. Auch wenn das gerade mancher Gottesdiener nicht gerne hat. Dagegen wehren sie sich mit einem altbekannten Standardargument. Aus Bob Dylans (leider seit Jahren nicht verfügbarem) Film »Renaldo & Clara« ist mir eine Szene in Erinnerung geblieben, in der ein Prediger, dessen Predigt bei den Zuhörern nicht auf Wohlwollen trifft, ausruft: »Whatever you say to a man of God, you say it direct to God!« - und die Szene blendet über in eine wunderbar aggressive Version von »A Hard Rain's A Gonna Fall«.
Was habe ich nicht schon alles als »vom Geist Gottes eingegeben«, »Wort vom Herrn«, »göttliche Inspiration« gehört, was sich als hanebüchener Unsinn herausgestellt hat. Was habe ich nicht schon alles an abstrusen Ideen und Vorstellungen in »christlichen« Büchern und Zeitschriften gelesen. Und - einigen Lesern wird jetzt der Kragen platzen, also vor dem Weiterlesen lieber aufknöpfen! - was steht nicht alles in der Bibel, was Menschenmeinung und Menschendeutung ist und nichts mit Gottes Wort zu tun hat.
Huch? Wie bitte? Die Bibel ist doch Gottes Wort?
Über diese Definition ließe sich trefflich disputieren...