Mittwoch, 28. Oktober 2015

Vom Fleisch, von der Wurst und von der WHO

Kaum hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) medienwirksam eine längst bekannte Tatsache ins Rampenlicht gestellt, nämlich dass »processed meat«, industriell verarbeitete Fleisch- und Wurstwaren, das Krebsrisiko deutlich erhöhen, schon konnte man vielerorts Argumente lesen und hören, warum die Fleisch- und Wurstliebhaber von ihren Gewohnheiten nicht lassen werden. Diese Argumente sind so sinnvoll wie wenn jemand sagen würde: »Es kommen auch angeschnallte Passagiere im Auto zu Schaden, also benutze ich keinen Sicherheitsgurt.« Oder: »Helmuth Schmidt hat sein Leben lang geraucht und ist alt geworden, also kann ich auch ungefährdet meine Zigaretten rauchen.«

Da kann man nichts machen, denn allein die nicht vorhandene Kenntnis der Rechtschreibung und Zeichensetzung lassen bei solchen Kommentaren darauf schließen, dass der Bildungsgrad ein sehr geringer sein muss. Ein Beispiel (gefunden bei tagesschau.de):

alles was man gerne möchte ,ist entweder ungesund , zu teuer, unmoralisch oder macht dick !

Natürlich kommt durch die eine Bratwurst auf dem Weihnachtsmarkt niemand zu Tode. Es wird auch niemand deshalb an Krebs erkranken, weil er am Sonntag ein Schnitzel isst. So etwas hat auch die WHO in ihrer Einstufung von bearbeiteten Wurst- und Fleischwaren als »krebserregend« und von rotem Fleisch als »wahrscheinlich krebserregend« nicht behauptet.

Sondern: Verarbeitete Fleischprodukte sind nun (endlich) in der gleichen Kategorie wie Tabakrauch und Asbest zu finden. Und das mit gutem Grund, denn das, was die Industrie dem Fleisch bei der Verarbeitung hinzufügt und das, was durch Massentierhaltung (die nur durch massiven Pharmaeinsatz überhaupt funktioniert) bereits im Fleisch an Giftstoffen zu finden ist, stellt die eigentliche Gefahr dar – hinzu kommt die Art der Verarbeitung. Und das ist wie gesagt nichts Neues. Die Deutsche Krebshilfe beispielsweise fasst seit vielen Jahren in ihren Broschüren, in diesem Fall zum Thema Darmkrebs, zusammen:

Die Lebensweise spielt eine Rolle: Eine ballaststoffarme, fett- und fleischreiche Ernährung, regelmäßiger Alkoholkonsum, wenig Bewegung und Übergewicht erhöhen das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken.

Die Kombination, die in dem Zitat angesprochen wird, ist die wirkliche Gefahr. Das eine Risiko sind die Fleischmengen, die viele Menschen hierzulande aus möglichst billigen Quellen konsumieren. Dazu kommen der mittlerweile sogar im Berufsleben übliche regelmäßige Alkoholkonsum (hier und dort auf einen Erfolg anstoßen oder zum Umtrunk anlässlich Jubiläum oder Geburtstag treffen ...), Bewegungsmangel (ich stelle fest, dass sogar einige Azubis (Anfang 20!) nicht in der Lage sind, zwei Stockwerke über das Treppenhaus emporzusteigen - es muss der Fahrstuhl benutzt werden), es werden regelmäßig sogenannte Softdrinks (Cola, Fanta, Sprite und ähnliches) konsumiert ... und so kommt ein an und für sich noch nicht bedrohlicher Faktor zu anderen Faktoren hinzu, und noch einer, und noch einer … und die Krebsraten in unseren zivilisierten Ländern steigen und steigen.

Leider muss man wohl davon ausgehen, dass auch solche Warnungen wie die kürzlich von der WHO veröffentlichte wenig Wirkung zeigen, weil der Genuss ja so billig und das Nachdenken so schwierig ist.

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P.S.: Zum Thema krebsfeindliche Ernährung habe ich bereits zuvor geschrieben: [Teil 1] [Teil 2]

P.P.S.: Bild von rgbstock