Ich übersetze derzeit ein weiteres Buch von Leo Babauta, dem Autor von Zen Habits. Das ist ein Blog über Einfachheit, Gewohnheiten und Achtsamkeit.
Leo lebt mit seiner Frau und seinen sechs Kindern in San Francisco. Sein Abenteuer der Lebensveränderung begann im Jahr 2005, als er mit dem Rauchen aufhörte und dann anfing, zu laufen. Im Laufe der nächsten etwa zwölf Monate schaffte er einen Marathon, verlor 14 Kilogramm Gewicht (insgesamt speckte er schließlich 32 Kilogramm ab), wurde Vegetarier (und später vegan), reduzierte im ersten Jahr und beseitigte wenig später seine Schulden komplett, begann früher aufzuwachen, besiegte die leidige »Aufschieberitis« und wurde alle Unordnung los.
Er begann auf dem Blog mitzuteilen, was er lernte und erlebte, indem er ein paar Dutzend Gewohnheiten änderte. Heute hilft er durch seine Bücher und seine »Sea-Change-Habit-Programme« Menschen, ihr Leben zum Positiven zu verändern.
Hier folgt nun das erste Kapitel – eine Art Appetithäppchen, das meine geschätzten Blogbesucher neugierig auf das Buch machen soll, das voraussichtlich Ende Juli oder Anfang August erscheint. Die englische Originalversion gibt es schon: [The One Skill]
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Kapitel 1 - Warum loslassen?
Die Wurzel all unserer Probleme ist unsere Unfähigkeit, loszulassen.
So simpel soll das sein? Die Idee stammt aus einem Buch über den Zen-Buddhismus. Als ich den Satz vor ein paar Jahren las, hat mich die Einfachheit angesprochen. Könnte etwas Wahres daran sein?
Stellen Sie sich einen Vogel im Flug vor. Der Vogel lebt im Moment, ist nur mit dem Fliegen in diesem Augenblick beschäftigt. Vielleicht sucht er mit seinen scharfen Augen nach Nahrung.
Er überlegt nicht: »Warum muss es hier so kalt sein? Was halten die anderen Vögel von mir? Was soll ich tun, wenn ich mich später mit dem Schwarm treffe? Werde ich in ein paar Wochen beim Nestbau erfolgreich sein? Warum kann ich morgens nicht so früh wach werden wie die anderen und auch einmal den großen Wurm erwischen?« Und so weiter.
Natürlich stimmt es: wir Menschen haben größere Gehirne, wir können Probleme lösen, Poesie dichten und Wolkenkratzer bauen. Also haben wir viel mehr Fähigkeiten und viel mehr zu tun als der einfache Vogel, der da auf dem Wind durch den Himmel gleitet.
Diese zweifellos größeren Gehirne verursachen uns aber auch allerlei Probleme, mit denen wir uns herumschlagen. Ich meine nicht Armut und Krankheit, sondern unsere Eigenart, Dinge zu übertreiben, Angst und Frust und Trauer und Wut darüber zu empfinden, was auf uns zukommen könnte, uns passieren wird oder uns bereits zugestoßen ist. Wir können nicht aufhören, darüber nachzudenken.
In den letzten Jahren habe ich die oben zitierte Zen-Idee ausprobiert und die Ergebnisse waren erstaunlich: Ich konnte meinen Stress reduzieren, habe gelernt, weniger aufzuschieben. Meine Beziehungen zu anderen Menschen wurden besser und ich konnte Veränderungen wesentlich reibungsloser bewältigen. Ich habe gelernt, schlechte Gewohnheiten abzulegen und lebe viel achtsamer.
Meinen Sie, dass ich übertreibe? Nein. Es ist kaum möglich, beim Plädoyer für die Fähigkeit des Loslassens zu übertreiben.
Der Widerstand, den viele Menschen verspüren, wenn es um das Loslassen geht, ist allerdings durchaus auch erheblich. Warum das so ist, schauen wir uns später an.
Betrachten wir zunächst ein paar Beispiele:
• Stress: Unser Stress stammt daher, dass wir uns die Umstände auf eine bestimmte Art und Weise vorstellen. Wir sind gestresst, wenn die Dinge dann unweigerlich nicht so laufen, wie von uns erträumt. Aber wenn wir unsere Vorstellung loslassen und die Realität so, wie sie ist, akzeptieren könnten, würden wir dem Stress entkommen.
• Aufschieben: Wir schieben auf, weil wir Angst vor dem Versagen haben, weil schwierige Aufgaben anstehen, weil sich Unsicherheit und Unbehagen in uns regen, wenn wir an das denken, was zu tun wäre. Aber wenn wir die Vorstellung loslassen könnten, dass alles immer einfach sein muss, dass wir stets erfolgreich sind, dass alles ausnahmslos bequem abläuft ... und einfach akzeptieren, dass es eine breite Palette von Erfahrungen gibt, würden wir die Aufgaben eine nach der anderen anpacken und bewältigen.
• Gewohnheiten und Ablenkungen: Den meisten Menschen fällt es deshalb schwer, Gewohnheiten zu ändern, weil sie genau wie bei Arbeitsaufgaben zögern und aufschieben. Sich ein neues Verhalten anzutrainieren wirkt erst einmal schwierig. Und es ist ja wirklich nicht alles immer ganz einfach. Deshalb fallen wir so gerne auf Ablenkungen herein.
• Irritation und Ärger über Menschen: Wir werden ärgerlich auf andere, weil sie sich nicht so benehmen, wie wir es wollen. Es schädigt zwangsläufig unsere Beziehung, wenn wir wütend auf jemanden sind. Das wiederum macht uns selbst unglücklich. Stattdessen könnten wir die Vorstellung loslassen, dass jemand so und so handeln soll und muss, den Menschen akzeptieren wie er ist und einfach vorbehaltlos mit ihm zusammen sein. Dadurch wird eine Beziehung viel besser – ich habe das bei meinem Vater erlebt, bei meiner Frau, bei meinen Kindern.
• Verlust und Tod: Wenn ein geliebter Mensch stirbt, wir einen Job verlieren oder schwer erkranken, dann ist das ein Schlag, der Trauer und Leid verursacht. Und obwohl das unvermeidlich ist (wir sollten unsere Trauer zulassen!) ... wenn wir schließlich dennoch in der Lage sind, loszulassen, hilft uns das, diesen Verlust zu verarbeiten.
• Defizite bei der Achtsamkeit: Viele von uns möchten gerne achtsamer sein, damit wir das Leben nicht verpassen, damit wir es in seiner ganzen Fülle genießen können. Stellen Sie sich vor, ein köstliches Gericht vor sich zu haben. Sie essen, aber mit den Gedanken sind Sie bei der Arbeit ... Sie werden Geschmack und Aroma der Mahlzeit nicht genießen können. Wenn Sie aber die volle Aufmerksamkeit auf das Essen richten, können Sie es voll und ganz auskosten und tatsächlich genießen. Das Leben ist genauso. Wir sind so besessen davon, über alle möglichen Dinge nachzudenken, dass wir nie richtig im gegenwärtigen Moment anwesend sein können. Wir können aber lernen, solch ein zukunfts- oder vergangenheitsorientiertes andauerndes Grübeln loszulassen und achtsamer zu sein.
• Angst: Die Wurzel vieler unserer Probleme – vom Aufschieben, um eine Aufgabe nicht anpacken zu müssen, bis zum Übergewicht, das wir einfach nicht loswerden – ist Angst. Ihre Ursache ist wiederum das Festhalten daran, wie unser Leben und dessen Umstände unserer Vorstellung nach aussehen müssten. Mehr dazu später. An dieser Stelle will ich nur schon einmal darauf hinweisen, dass wir, wenn wir loslassen und die Verkrampfung durch unsere Vorstellung über die idealen Umstände lösen, auch dem festen Griff der Angst entkommen.
Das ist nur ein Vorgeschmack. Sie erkennen vielleicht schon, wie das Loslassen zu einer einzigartigen Fähigkeit werden kann, die Ihnen vieles leichter machen wird, wenn es um die Hürden und Hindernisse im Leben geht. Loslassen ist eine Kunst, die wir einüben können. Sie fliegt uns nicht zu, aber sie kann durch regelmäßiges Üben (nur fünf Minuten am Tag) gelernt werden. Erstaunlicherweise führt solch eine kurze fünfminütige tägliche Praxis, die so simpel erscheint, zu großen Veränderungen im Leben.
In diesem kleinen Buch werden Sie erfahren, wie das Loslassen beim Überwinden von vielerlei Problemen funktioniert und wie Sie die Fähigkeit des Loslassens entwickeln und einüben können.
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Sobald das Buch erhältlich ist, werde ich meinen geschätzten Blogbesuchern an dieser Stelle Mitteilung davon machen. Nachtrag: Inzwischen ist es da:
Als Taschenbuch für € 5,09: http://amzn.to/2van3Ar
Als Kindle-Buch für € 2,99: http://amzn.to/2uGrf7C
Das erste Buch aus der Feder von Leo Babauta, das ich übersetzt habe, ist hier zu haben: [Das kleine Buch über die Zufriedenheit]
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