Bob Dylan scheut nicht vor der lateinischen Strophe von »O Come All Ye Faithful« zurück. Er unterlässt es nicht, »Here Comes Santa Claus« mit Schlittenschellen einzuleiten. Auch schmachtende Hawaii-Gitarren fehlen nicht bei »Christmas Island«. Die einzige interpretatorische Überraschung ist die High-Speed-Polka-Version von »Must Be Santa«.
Selten gab es so viele kontroverse Diskussionen vor dem Erscheinen eines neuen Albums von Bob Dylan wie in diesem Fall. Und die gegensätzlichen Meinungen werden auch nicht aufhören, nachdem sich nun die CD in zahlreichen Abspielgeräten dreht.
Dieses Album ist kein Bob Dylan Album. Kein einziges der 15 Lieder hat er selbst komponiert. Ich weiß nicht, ob ihm ein eigenes Weihnachtslied gelungen wäre, wenn er gewollt hätte, aber er wollte gar nicht. Schon das klassisch anmutende Cover der CD macht klar, worum es hier geht: Traditionelle Weihnachtslieder, mehr oder weniger gesungen von Bob Dylan.
Auch die Interpretationen sind nicht seine oder irgendwie ausgefallen (abgesehen von »Must be Santa«, aber auch das ist keineswegs »typisch Dylan«), sondern genauso konservativ wie die Auswahl der Lieder. Die Musiker (Tony Garnier, George Receli, Donnie Herron, David Hidalgo, Phil Upchurch und Patrick Warren) sind im wesentliche seine aktuelle Tourband beziehungsweise bei »Together Through Life« zu hören, dazu kommen sieben »mixed voice singers« – bei Konzerten des Meisters gibt es solche nicht. Aber zu manchen Weihnachtsliedern gehört nun mal ein Chor. Und der klingt dann so weihnachtlich, wie amerikanische Weihnachtslieder nun einmal klingen.
Das einzige, was an dieser CD einzigartig ist, und das war zu erwarten, ist die Stimme. Wer die CD »Together through Life« kennt oder ein Konzert aus den letzten Jahren gehört hat, weiß, wie das klingt: Bob Dylan »singt« auf seine unvergleichlieche Art, und das können manche nicht leiden, andere sind begeistert. Dazwischen dürfte es so gut wie keine Grauzone geben. Ein Fan schrieb: »YES! He sounds like a toothless drunk Irish guy!!!! That totally nails it!!!« Genau das kann man / wird man mögen oder nicht.
Passt nun diese Stimme ausgerechnet zu Weihnachtsliedern der klassischen Variante? Für mich: Ja. Für andere (einigen Kritiken zufolge): Nein. Die hören lieber zu weichgespülten Songs auch einen weichgespülten Gesang, aber bei Bob Dylan gibt es alles mögliche zu hören, bloß nichts derartiges.
Er kann bei einigen Liedern durchaus sanfte Töne anschlagen, bei anderen wiederum fröhlich draufloskrächzen, er kann sentimental gurgeln oder lauthals knarzen… – und genau das mag ich an den CDs der letzten Jahre. Einschließlich dieser Weihnachtsscheibe.
Wem »If you ever go to Houston« gefällt, wer bei »Joleen« einfach gute Laune bekommen muss, wer gerne »Thunder on the Mountain« grummeln hört oder bei »Cold Irons Bound« richtig warm wird, der wird auch diese CD genießen können.
Wer dagegen die »Christmas Songs« von Bing Crosby mag, oder Frank Sinatras »Christmas Album«, ganz zu schweigen von Mariah Caryes »Merry Christmas«, der sollte um Bob Dylans »Christmas in the Heart« einen Bogen machen, obwohl zum großen Teil die gleichen Lieder enthalten sind. Auf »Christmas in the Heart« singt jemand auf seine Art aus spürbar vollem Herzen, mit Hingabe und Eifer die Weihnachtsbotschaft - aber es ist eben Bob Dylan und nicht irgendjemand sonst.
Dass er und die Musiker eine Menge Spaß hatten, als sie diese 15 Songs einspielten, ist unverkennbar herauszuhören. Nicht zuletzt an den Namen der Rentiere vor dem Schlitten im 10ten Track. Ich will den Spaß des selbst Entdeckens niemandem verderben, daher verkneife ich es mir, hier zu offenbaren, worüber ich an dieser Stelle vergnügt lachen musste. Mein Eindruck ist derselbe wie beim Album »Together through Life«: Die Musiker haben die Aufnahmesessions insofern ernst genommen, dass sie nicht aus Verpflichtung, sondern aus Freude an der Musik zusammen spielen - und daher viel Spaß und bestes Gelingen im Studio gehabt. Das bleibt dem Zuhörer nicht verborgen.
Der Erlös der CD geht jetzt und in alle Zukunft an drei Wohltätigkeitsorganisationen. Zumindest damit könnte sich derjenige trösten, der nach dem Kauf feststellt, dass die Kombination von traditionellen Weihnachtsliedern mit dieser unbeschreiblichen Stimme ihm nicht gefällt.
Die CD gibt es zum Beispiel hier bei Amazon: Christmas in the Heart
11 Kommentare:
hi GJM!
diesen Artikel müsstest Du noch mal bearbeiten...
für Deinen sonstigen Standard sind da erschreckend viele Fähler drin.
hi juppi,
äh - wo denn genau? ich nix verstehn, außengeländer...
da:
Kein einziges der 15 Lieder hat es
ER
Schon das klassisch anmutende Cover der CD mach klar,
MACHT
und überhaupt, was interessieren mich Weihnachtslieder, ich will nackte Tatsachen!!!
ah ja. danke für das entfernen der tomaten auf meinen augen!
wie war das noch? »was siehst du die tomate im auge deines bruders und wirst nicht gewahr der gurke, die in deinem auge ist« - oder so ähnlich.
:-)
nackte tatsachen - nun ja. mein freund haberling muss noch wabarten, ob und wie er enthüllt wird.
tomaten:
immer wieder gerne, weißte
haberling:
tzja, pech für die leser...
Danke,nun freue ich mich auf´s selbst Entdecken und Sitzen im Schlitten nicht nur im 10ten Track... :-)
Schlechte Recherche: Der "begeisterte Fan", der das mit dem "toothless Irish drunk" auf Expecting Rain geposted hat, findet das Album grauenvoll. Ich übrigens auch. Es gibt einen Unterschied zwischen einer rauen und einer zerstörten Stimme.
@barbara: beim 10. track bitte gut festhalten, falls eine kurve kommt...
@voice doctor: gut, dass die geschmäcker so verschieden sind, sonst wäre es ja langweilig auf der welt.
Ich find die Scheibe gut und hab auch gleich was geschrieben_ http://redaktion42.wordpress.com/2009/10/13/reingehort-bob-dylan-„christmas-in-the-heart“/
Immer wieder dieselbe Geschichte 10. Track :=)
Ho ho ho,wäre fast aus dem Schlitten gefallen bei diesem Tempo Richtung Weihnacht...trotz Vorwarnung! ;-)
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