Dienstag, 12. Januar 2010
Ein globalisiertes Vehikel
Ich wusste nicht, ob er überhaupt Zylinder oder Hubräume hat, lediglich dass ich Dieselkraftstoff tanken soll und dass der Vierradantrieb auf Wunsch zugeschaltet werden kann. Letzteres war mir bei den derzeitigen Zuständen auf den Berliner Nebenstraßen (die werden überhaupt nicht von den Räum- und Streudiensten besucht) schon recht nützlich. Die meisten Antworten ließen sich jedoch aus der Bedienungsanleitung finden und der Wissensdurst meiner Kollegen konnte gestillt werden.
Das Automobil stammt aus der schönen Stadt Toledo im amerikanischen Bundesstaat Ohio. Ausschließlich dort wird dieser Fahrzeugtyp gebaut. Sein Motor wurde jedoch von einem italienischen Hersteller gefertigt, der auch für Alfa Romeo Triebwerke herstellt. Das Fünfgang-Automatikgetriebe steuerte Mercedes Benz bei. Beides gelangte vermutlich per Frachtschiff nach Amerika, es sei denn, die Italiener und die Deutschen haben da entsprechende Produktionsstätten. Das Auto, als es zusammengeschraubt war, wanderte jedenfalls per Schiff nach Europa.
Er (ich nenne das Fahrzeug heimlich und nur für mich The Road Virus, nicht weitersagen, wäre ja peinlich!) hat tatsächlich Zylinder, irgendwo, nämlich vier. Und einen Hubraum, dachte ich, hätte er auch, aber mein Chef hat mir erklärt, dass es vier Hubräume zu je 0,7 Litern sind, was zusammen dann die 2,8 Liter ergibt. Das Differntialgetriebe lässt sich in der Schlammfalle bei zugeschaltetem Vierradantrieb tatsächlich deaktivieren, was man aber im normalen Fahrbetrieb sein lassen sollte, da das Lenken dann zu einem Abenteuer wird. Und runde 70 Liter passen in den Tank, der Bedienungsanleitung zufolge.
Findige Blogbesucher könnten aus diesem Puzzle von Informationen und einem kürzlich genannten Stichwort auf das Fahrzeug schließen...
Montag, 11. Januar 2010
Schlecker, Lidl und Co.
Wir kaufen schon lange nicht mehr bei Lidl oder Schlecker ein, weil uns bekannt ist, dass die Beschäftigten dort nicht nur schlecht bezahlt werden, sondern auch unter mittelalterlich anmutenden Arbeitsbedingungen zu leiden haben. Solche Läden haben wir gemieden, um deren Geschäftsmodelle nicht durch unsere Einkäufe zu unterstützen.
Aber wenn man genauer nachdenkt, gibt es immer zwei Sichtweisen, mindestens.
- Wenn bei solchen Geschäften nicht mehr eingekauft wird (50% der Bundesbürger beispielsweise meiden inzwischen Schlecker [Link]), gehen die Umsätze zurück. Das führt jedoch nicht dazu, dass die Geschäftsführung umdenkt, sondern zu noch schlechteren Arbeitsbedingungen und niedrigeren Löhnen (auf dem Umweg der Leiharbeit) und womöglich irgendwann zur Entlassung der Beschäftigten. Ergebnis: Mehr Arbeitslose...
- Wenn man bei solchen Geschäften einkauft, unterstützt man die Sicherheit der Arbeitsplätze (so mies sie auch sein mögen [Link]). Wenn die Unternehmen höhere Umsätze erzielen, könnte es sein, dass sie irgendwann bereit sind, ihre Geschäftsmodelle arbeitnehmerfreundlicher zu gestalten. Aber das garantiert niemand und das ausbeutend-menschenverachtende Verfahren könnte von anderen Unternehmen als Vorbild betrachtet werden...
Sonntag, 10. Januar 2010
Von Autos, Schnee und elektrischen Büchern
Dem Wetter trotzend haben wir uns gestern aus dem Haus getraut, um – allerdings mit öffentlichem Nahverkehr – ein zwei Jahre altes Automobil zu besichtigen, das womöglich Nachfolger unseres von Bloglesern mit spöttischen Bemerkungen bedachten Ford Windstar werden könnte.
Welche Sprüche den Besuchern hier beim Stichwort Dodge einfallen, können sie ja schon mal überlegen, aber noch ist nichts entschieden. Nur so viel: Es wird auf jeden Fall wieder ein Amerikaner, das nächste Automobil.
Denn:
- Jeder Popel fährt ‘nen Opel.
- Siehst Du die Toten dort im Schnee? Das sind die Fahrer von VW.
- Siehst Du einen Zi-tro-ehn, lass ihn lieber gleich dort stehn.
- Mercedesfahrer = Bauer mit Hut.
- …
Zuwachs an Büchern aus Papier wird es bei uns zweifellos weiter geben, aber das Lesen mit dem Gerätchen macht auch Spaß, wie ich inzwischen festgestellt habe. Vor allem, wenn man etwas liest (Foto links), was überhaupt nicht gedruckt erschienen ist oder erscheinen wird.
Und manches Buch ist einfach unschlagbar preiswert, so haben die kompletten Erzählungen von Ernest Hemingway mich 17,48 Dollar gekostet – in Euro kann sich das jeder selbst ausrechnen. Einige Bücher habe ich nicht gekauft, sondern – auch sehr schön beim Kindle – nur das erste Kapitel geladen, was kostenlos ist, um dann festzustellen, dass mich der Stil oder Inhalt nicht so fesselt, dass ich weiterlesen möchte.
Und nun liegt ein Sonntag vor uns, der im Zeichen der Faulheit stehen darf, wenn ich in etwa einer Stunde die CD-Produktion fertig habe. Na denn: Einen schönen Wintertag, liebe Welt!
Freitag, 8. Januar 2010
Das Geheimnis der alten Dame
Ich schlenderte gestern in der Mittagspause eines Seminars (Softwareschulung) durch die Straßen (Berlin Friedrichshain) und sah eine alte Dame mit einer Krone auf einer Bank (S-Bahnhof Warschauer Straße) sitzen. Sie rauchte eine Zigarette und sah sehr zufrieden aus. Neugierig setzte ich mich neben sie und meinte: »Sie sehen so glücklich aus. Was ist ihr Geheimnis?«
»Ich rauche zwanzig Zigaretten pro Tag«, erklärte sie, »und am Abend vor dem Schlafengehen einen schönen großen Joint. Über die Woche verteilt trinke ich eine Flasche Jack Daniels, eine Kiste Bier und gelegentlich ein Wasser. Ich esse nur Junk Food bei McDonalds. Am Wochenende nehme ich Party-Pillen, lege mich auf mein Sofa und tue gar nichts.«
»Das ist also das Geheimnis eines langen glücklichen Lebens«, wunderte ich mich und wollte wissen: »Wie alt sind Sie denn?«
»Vierunddreißig«, antwortete sie.
Mittwoch, 6. Januar 2010
Kerstin Hack: Die Hütte und ich
- Warum will Gott, dass ich ihn um etwas bitte, wenn er das Gebet dann doch nicht erhört?
- Warum spricht Gott und sagt mir Dinge zu, wenn er sie dann doch nicht erfüllt?
- Wie kann ich ihm wieder neu vertrauen?
Dienstag, 5. Januar 2010
Normalbetrieb
Nein nein. keine Angst. Es gibt uns noch. Wir sind am Sonntag Abend nach schneereich-schwieriger Fahrt (von Budweis nach Berlin in zwei Etappen: 14 Stunden) wohlbehalten zu Hause angekommen, haben das Mietfahrzeug von unseren Koffern und Taschen entleert und haben es dann zur Rückgabestation gebracht.
Gestern, am Montag, habe ich telefonisch um einen weiteren Tag Urlaub nachgesucht, da ich unseren in Zwota (so heißt das Kaff mit dem Abschleppdienst wirklich, man mag es kaum glauben, dass ein Ort Zwota heißen kann, aber er heißt nun mal so) verbliebenen Windstar abmelden musste, was mit nur einem Nummernschild und nicht hier vorzeigbarem Fahrzeug relativ schwierig wurde. Der Ford bekam für etwa zwei Minuten eine neue Autonummer zugeteilt, bloß damit er stillgelegt werden konnte. Na ja. Beamte denken sich so was aus, und vermutlich wissen sie ja, was sie tun…
Außerdem waren die Umsatzsteuervoranmeldung und die damit verbundenen Buchhaltungsarbeiten fällig. Mag ich nicht, mache ich aber trotzdem. Sonst gibt es Schimpfe vom Finanzamt.
Am späten Nachmittag haben wir dann noch ein Autohaus besucht, bei dem wir nach diesem Besuch jedenfalls keinen Nachfolger für den Windstar erwerben werden. Der Verkäufer hatte sichtlich kein Interesse an Kundschaft – vermutlich bekommt er keine Provision, sondern Festgehalt. Anders kann ich mir das nicht erklären:
»Wir würden gerne eine Probefahrt mit einem ähnlichen Modell machen.«
»Hmmm… ähhh… da haben wir zur Zeit keines angemeldet. Man kann ja nicht alle Modelle anmelden. Das wird also nicht gehen.«
»Den Preis könnte man doch sicherlich dadurch mindern, dass Sie das Navigationssystem herausnehmen und statt dessen ein normales Radio einbauen? Ich habe ein Navigationssystem, zwei brauche ich nicht.«
»Ach nein, wissen Sie, das ist zu schwierig mit der Verkabelung. Das würde Stunden dauern. Nein nein, das geht nicht.«
Und so ähnlich ging es weiter. Preisnachlass? Nee. Rabatt? Nee. Extras umsonst? Nee. Jahreswagen in Sicht? Nee.
Na gut. Es gibt ja noch andere Autohäuser in und um Berlin. Viele sogar.
So. Nun ist der Normalbetrieb des Alltages wieder dran, und die geschätzten Blogleser, die sich schon Sorgen machen, können aufatmen. Wie gehabt wird es beinahe täglich dieses und jenes hier zu finden geben.
Donnerstag, 31. Dezember 2009
Fertich jeworden
Ich war mal mit einem amerikanischen Pastor, Sam Fields, befreundet, inzwischen wohnt der gute Mann nicht mehr in Berlin. Egal. Es geht ja um damals: Dieser Freund meinte oft, ich sei höchstwahrscheinlich hoffnungslos verloren, weil ich ja wicked sei. Schließlich sei die Bibel eindeutig: The wicked know no peace. Da ich auch an Wochenenden und zu anderen Gelegenheiten, bei denen andere ruhten, oft etwas zu tun hatte, war für ihn die Sache klar: No peace, sondern Arbeit, also wicked.
Ich pflegte mit Bibelversen zu antworten, in denen Müßiggang und Faulheit gegeißelt werden. Wir hatten viel Spaß miteinander, der Pastor und ich.
An seinen Spruch the wicked know no peace dachte ich eben, als ich um 15 Uhr am 31. Dezember 2009 nach drei Stunden Arbeit am letzten Projekt für das Jahr das Dokument speicherte und abschickte. Die Zeitschrift, für die ich einen Artikel zu schreiben mich bereit erklärt hatte, nannte seinerzeit als Redaktionsschluss Ende Dezember. Heute ist Ende Dezember, falls mein Kalender stimmt. Und der Artikel ist fertich jeworden. Na siehste.
Die Idee für den Einstieg in den Text kam mir gestern beim Bierchen in einem Kellergewölbe. Ich schaute zwar in das Buch, das meine Hand hielt, aber ich las gar nicht. Statt dessen hatte ich ein längst vergessenes Kinderlied im Kopf. Und damit den Einstieg in den Artikel, in dem es um Sünde und Gesellschaft geht. Das war der Grund für die erfreute Mine (obwohl auch Bier und Buch gut waren / sind). Ähnlich erfreut schaue ich jetzt drein, denn nun gibt es nichts mehr zu tun in diesem Jahr 2009.
Allen meinen Blogbesuchern wünsche ich einen ähnlich friedlichen und fröhlichen Übergang in ein neues Kalenderjahr, ob das nun irgendwie besonders gefeiert wird oder (wie bei uns hier im deshalb aufgesuchten Urlaubsexil) nicht.
Mittwoch, 30. Dezember 2009
Der Herr Klaus
Der Herr Klaus, demokratischer König von Tschechien, schaute etwas nachdenklich und ernst, als ich ihm heute (in einer Ausstellung in Český Krumlov) erklärte, dass ich als Tourist die Einführung des Euro statt der tschechischen Krone sehr begrüßen würde.
Es wäre weniger erschreckend für mich, die Preise in Cafés, an Tankstellen oder sonstwo zu betrachten.
Andererseits schult es natürlich das Kopfrechnen. Ein Glas Bier im Restaurant kostet beispielsweise 38,00. Da kann man schon innerlich Zweifel am eigenen Durst bekommen. Doch dann setzt die Rechenkunst im Kopf ein: Ein Euro ist etwa 28 Kronen wert. Also ist der halbe Liter köstliches Nass doch nicht ganz so unerschwinglich - und ich bestelle froh ein pivo. Zum Wohl, jawohl!
Die beste aller Ehefrauen plauderte derweil mit Herrn Chaplin über die Filmkunst an und für sich. Er sah so traurig aus, dass sie nicht umhin konnte, ihn versuchsweise etwas aufzuheitern. Sie erklärte ihm, dass es ihm womöglich besser stünde, den unsäglichen Schnurrbart zu rasieren.
Er jedoch blieb wehmütig wie er war - offensichtlich hängt er an seiner Gesichtsbehaarung.
Na ja. Künstler sind nun mal Künstler, und Politiker sind Politiker. Und wir sind nur Touristen, die den Urlaub genießen.
Was ja der Sinn der Reise war und ist. Gute Nacht, liebe Welt.
Handgeschriebenes...
...sieht man heutzutage selten, und´mit so viel Sorgfalt zu Papier gebrachtes schon gar nicht. Daher freue ich mich, dass Jan Hus sich die Zeit genommen hat, diesen Blogbeitrag mit sauberen Buchstaben so makellos zu gestalten. Ich wünsche angenehme Lektüre.
(Fotografiert im Historischen Museum Budweis)
Montag, 28. Dezember 2009
Je nachdem, wie man es betrachtet...
...hätte es schlimmer kommen können oder es ist eine kleine Katastrophe.
Auf der Fahrt in den Silvesterurlaub kam ich gestern etwa 20 Minuten nach der tschechischen Grenze in einer Kurve ins Schleudern (Eisschicht auf einer sonst trockenen Straße) und rutschte trotz ABS und so weiter unkontrolliert auf ein entgegenkommendes Fahrzeug zu. Dem Zusammenprall entgingen wir um geschätzte 20 Zentimeter, rutschten aber ungebremst mit der Nase des Autos mit etwa 60 Stundenkilometer in die Böschung.
Das Ergebnis: Keine Scheinwerfer mehr vorne, keine Blinker, das Nummernschild unauffindbar - aber andererseits niemand verletzt und keine Kollision mit dem entgegenkommenden Fahrzeug.
Der ACE kümmerte sich nach unserem Notruf um ein Ersatzfahrzeug, damit wir die Reise fortsetzten konnten, lieferte es bei uns in der kleinen Stadt Kynsperk nad Ohri ab und ließ den beschädigten Windstar zurück in eine Werkstatt in Deutschland schleppen.
Von dort erhielten wir heute einen Anruf, der jede Hoffnung auf eine Reparatur zunichte macht, die würde nämlich runde 7.000 Euro kosten, was ein absoluter Unfug wäre bei einem so alten Auto. Es ist viel mehr kaputt, als der Augenschein vermuten ließ.
Nun sind wir einerseits froh und dankbar, dass niemand zu Schaden kam, dass wir (mit einem ZITRÖHN!!! - allerdings wenigstens inkognito mit Hamburger Nummernschild) auf Kosten des Automobilclubs (den ich in jahrelanger Mitgliedschaft bisher nichts gekostet hatte) den Urlaub fortsetzen beziehungsweise überhaupt antreten konnten, andererseits ist ein Totalschaden natürlich eine vorher nicht kalkulierte finanzielle Belastung.
Doch erst mal versuchen wir, den Schreck und Schock (seit 1974 habe ich den Führerschein, und dies war mein erster und einziger Unfall) zu vergessen. Es ist nur Blech kaputt - Blech kann man ersetzten. Und Budweis ist eine romantische, schöne und urlaubsfördernde Stadt...