Mittwoch, 13. Juni 2012

Chemotherapie – Zyklus 2

TherapietagebuchSo mancher Zeitgenosse fragte mich, ob es denn mit den Nebenwirkungen von Zyklus zu Zyklus besser oder schlimmer werde. So wie den Ärzten geht es auch mir mit der Antwort: Man weiß es nicht und muss es schlicht und ergreifend von Tag zu Tag abwarten.

imageDer zweite Zyklus wird erst am kommenden Sonntag enden, aber so viel kann ich aus meinem Tagebuch immerhin schon mal festhalten: Die erste Woche des zweiten Zyklus war wesentlich schwieriger als die vorangegangenen Wochen, während die zweite Woche keine über das normale Maß hinausgehenden Beeinträchtigungen mit sich brachte. Das »normale Maß« ist eine ständig vorhandene Übelkeit, die Tag und Nacht anhält, aber nicht zum Erbrechen führt und mit der ich Mahlzeiten ohne zusätzliche Medikamente einnehmen und bei mir behalten kann. Das Kreuzchen bei der Spalte mit dem Herrn, dessen Bauch wohl rote Blitze aussendet, mache ich nur dann, wenn es ohne Tropfen (MCP AL, sehr empfehlenswert übrigens) nicht geht.

image Durchfall, eine im ersten Zyklus noch recht häufige Plage, glänzte bisher im zweiten durch Abwesenheit. Es gibt zwar keine Nacht, in der ich nicht die Toilette aufsuchen müsste um abzuführen, tagsüber ist vier bis fünf mal die Regel, aber solange das Ergebnis der Besuche auf dem stillen Örtchen einigermaßen geformt ist, kommt bei den barfüßigen Herrn, der aus unerfindlichen Gründen auf seinem Hemd sitzt, kein Kreuzchen in die Spalte.

Das Fatigue-Syndrom verhält sich relativ konstant, indem es wie die Grundübelkeit zum ständigen Begleiter geworden ist. Es gibt Tage, die mühsamer sind und welche, wo sich Fatigue freundlicherweise etwas zurück hält … aber ganz verschwinden will er/sie/es nicht.

Dass der Nervenschaden durch das Oxaliplatin, das ich alle drei Wochen per Infusion bekomme, sich einstweilen nicht zurückbilden wird, weiß ich und richte mich darauf ein. Die Baumwollhandschuhe liegen neben dem Kühlschrank bereit und im Supermarkt halte ich mich von Tiefkühlregalen und –truhen fern, da darf jeweils die beste aller Ehefrauen beherzt zugreifen, wenn wir Waren aus den Behältnissen benötigen. Dass ich jemals im Leben zum Händewaschen warmes Wasser nehmen würde, hätte ich vor der Chemotherapie vehement verneint. Inzwischen bin ich nicht nur bekennender Warmduscher, sondern auch Warmhändewascher. So what!

Seit heute früh – das hat mit den Chemotherapiemedikamenten nicht direkt zu tun sondern nur indirekt, durch das ausgeschaltete Immunsystem – leide ich an Halsschmerzen und gelegentlichen Schwindelgefühlen, Fieber ist bisher nicht dabei (und sollte auch möglichst nicht auftreten). Der Arzt meinte jedenfalls vorhin, ich solle erst mal ohne Medikamente versuchen, das zu überwinden, da der Körper schon mehr als genug durch all die Mittel belastet ist. Nur im Falle, dass sich Fieber einstellt, müsste dann doch sofort mit Antibiotika reagiert werden.

Glienike Positives gibt es ja immerhin auch festzuhalten aus den letzten (fast) drei Wochen: Einige potentielle Nebenwirkungen sind nach wie vor nicht eingetreten. Ich habe dank sportmedizinischer Beratung gestern nun einen auf meinen Zustand maßgeschneiderten Trainingsplan für unser Fitness- und Wellnesscenter. Es waren mir und der besten aller Ehefrauen einige sehr schöne Ausflüge möglich. Die Rentenversicherung hat mein Ersatzentgelt für die Zeit der Rehabilitationsmaßnahme überwiesen. Die Krankenkasse hat versprochen, dass in den nächsten Tagen das Krankengeld auf unserem Konto eingehen wird.

Wie es weitergeht? Tja. Man weiß es nicht und muss es schlicht und ergreifend von Tag zu Tag abwarten. Und immerhin ist ja für mich die Tatsache, dass es überhaupt noch Tag um Tag gibt, keine Selbstverständlichkeit sondern Grund zur Dankbarkeit.

Dankbar bin ich auch für all die lieben Freunde und Verwandten (hauptsächlich bei Facebook aktiv, aber auch im »richtigen Leben« und per E-Mail oder Telefon), die mich und uns nach wie vor mit guten Wünschen, Anteilnahme, Gebeten und vielen aufmunternden Worten begleiten.

Am meisten Dank verdient aber sicher die beste aller Ehefrauen, die mir mehr Halt und Mut und Kraft gibt, als ich, der angeblich so gut mit Worten umzugehen weiß, es einigermaßen verständlich auszudrücken in der Lage wäre. Beweisen kann ich es (und will ich es) nicht, aber ich bin mir sicher, dass ich die zurückliegenden Monate ohne Eva nicht so oder gar nicht überstanden hätte. Und da sie weiter an meiner Seite sein wird, so Gott will und wir leben, werden wir gemeinsam auch die kommenden Monate durchstehen.

P.S.: Nein, der Bauch auf dem oberen Foto ist nicht meiner. Der gehört zum »Vorbereitungspaket« für die Darmspiegelung, die am 3. Juli endlich durchgeführt wird. Es mussten erst die Operationswunden so gut wie es eben geht verheilen.

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2 Kommentare:

Eva Miller-Matthia hat gesagt…

... und Jahr(zehnt)e!!!

Günter J. Matthia hat gesagt…

Allerdings!