Donnerstag, 23. April 2015

Weltbuchtag 1–Jessika

Der Welttag des Buches und des Urheberrechts (kurz Weltbuchtag, englisch World Book and Copyright Day) am 23. April ist seit 1995 ein von der UNESCO weltweit eingerichteter Feiertag für das Lesen, für Bücher, für die Kultur des geschriebenen Wortes und auch für die Rechte ihrer Autoren.
Wikipedia

Anlässlich des Weltbuchtages fiel mir ein, dass ich aus meinen Büchern vier Texte den geschätzten Bloglesern zur Lektüre anbieten könnte.

Den Anfang macht ein Buch, das es erst im Juni oder Juli geben wird. Da die beiden ersten Kapitel eine in sich geschlossene Geschichte sind (die im Buch natürlich weitergesponnen wird), folgen hier ebendiese beiden Kapitel:

1

Eveline Müller sieht genüsslich zu, wie das spitze, frisch geschärfte Brotmesser langsam in den weichen Bauch eindringt. Sie lässt sich ganz bewusst viel Zeit, um diese jedes Mal viel zu kurzen Augenblicke auszukosten.

Zunächst kommen nur einige Blutstropfen, dann quillt es rot aus der Wunde, während die Klinge ihren Weg immer tiefer in die Eingeweide findet. Der Mann rührt sich kaum, er ist mit soliden Fesseln an das Bett gebunden und außerdem hat er ein Medikament im Blut, das die Muskeln lähmt. Nicht zu hundert Prozent offensichtlich, denn sein Kopf zuckt hin und her. Die Augäpfel scheinen aus ihren Höhlen springen zu wollen. Er gibt erstickte Laute von sich und atmet heftig. Natürlich würde er schreien, wenn der Knebel nicht so fest in seinem Mund säße.

Als das Messer bis zum Heft eingetaucht ist, zieht sie es langsam wieder heraus. Vermutlich wird ihr Opfer gleich ohnmächtig werden, das ist schade, aber nicht zu vermeiden. Die Kerle halten alle nicht viel aus, das weiß sie. Und dieser ist schon älter, es kann jederzeit sein, dass sein Herz einfach aussetzt.

Sie setzt die Klinge erneut an, etwa fünf Zentimeter unterhalb des ersten Einstiches. Langsam senkt sich der Stahl durch das Fettgewebe hinein in die Schlingen der Därme.

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Er weiß, dass er jetzt sterben wird. Er hat in Filmen Menschen ihre letzten Atemzüge röcheln sehen, aber er hat nie geahnt, dass es so wehtut. Im Kino sinken die Opfer dramatisch in sich zusammen, schauen gequält in die Kamera und sind dann einfach tot. Er wünscht, es wäre endlich auch mit ihm so weit. Aber der Höllenschmerz wühlt und wühlt in seinen Eingeweiden und lässt nicht nach.

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Buchumschlag VorderseiteEveline betrachtet das weiß gewordene, nass geschwitzte Gesicht, die verkrampften Hände, die verzweifelt an den Fesseln zerren, soweit die Muskeln das noch bewerkstelligen können. Lange wird er nicht mehr durchhalten, aber er ist erstaunlich zäh. Den dritten Einstich kann er wohl noch aushalten. Vor dem eigentlichen Höhepunkt. Sie sieht wegen des vielen Blutes kaum noch etwas von der Haut. Sie zielt sorgfältig und setzt die Messerspitze an, wieder im gleichen Abstand, noch etwas tiefer. Erst nach dem dritten Stich soll die scharfe Klinge schließlich den Penis abtrennen. Eveline geht methodisch vor, mittlerweile hat sie Übung und Erfahrung.

Das erste Opfer war jung gewesen, um zwanzig Jahre, und sie hatte viel zu impulsiv gearbeitet. Der Mann erlebte den entscheidenden Augenblick leider trotz seiner robusten Kondition nicht mehr mit. Sie hatte unkontrolliert auf ihn eingestochen. Das Blut war pulsierend aus den Wunden geschossen, hatte sie über und über besudelt. Eine riesige Schweinerei war das gewesen. Und dann war er plötzlich, zu früh für den großartigen letzten Augenblick, tot.

Sie hat inzwischen gelernt, wie sie vorgehen muss: Einstiche nur unterhalb des Bauchnabels, niemals in den Oberkörper. Und zu viel Zeit darf sie sich auch nicht lassen, früher oder später geben sie alle den Löffel ab, bildlich gesprochen natürlich. Keiner ihrer Gäste hatte je einen Löffel in der Hand.

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Warum bringt sie mich nicht endlich um? Worauf wartet sie? Was habe ich nur verbrochen, dass ich … dass mir … ich will nur noch …

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Er zittert jetzt am ganzen Leib, sie muss sich beeilen, wenn sie ihn noch teilhaben lassen will an dem herrlichen, dem krönenden Augenblick. Mit einem raschen Schnitt trennt sie das schlappe Organ ab, das vor wenigen Minuten noch stolz und prall hinauf zur Decke gewiesen hatte. Sie hält dem Mann triumphierend seinen Penis vor die Augen. Erkennt er noch, was sie ihm da zeigt, bevor er in die Ewigkeit hinüberwechselt?

Sein Herz hört auf zu schlagen.

2

Alle im Haus mochten Eveline Müller. Sie war stets fröhlich und aufmerksam. Ob nun jemandem das Salz ausgegangen war oder eine junge Mutter schnell mal einen Babysitter brauchte, die Hausmeisterin half gerne und bereitwillig. Wenn Mieter in den Urlaub reisten, versorgte sie deren Pflanzen. Das Haus war stets sauber und notwendige Reparaturen ließ sie unverzüglich ausführen. Es gab ganz und gar nichts, was irgendjemand an der Hausmeisterin aussetzen hätte können.

Die zwölfjährige Jessika wohnte im ersten Stock, genau über den Räumen der Hausmeisterwohnung. Beide Eltern arbeiteten, nach der Schule war Jessika oft bis zum Abendessen bei Freundinnen. Aber jetzt in den Ferien waren die meisten aus ihrer Klasse verreist. Ihr war stinklangweilig. Im Radio lief nur Musik, die sie bis zum Überdruss gehört hatte, zum Lesen hatte sie nach drei Stunden mit einem Buch in der Hand keine Lust mehr.

Sie ging los und versuchte, eine Karte für einen Horrorfilm, freigegeben ab 16, zu kaufen, aber die Dame an der Kasse bestand darauf, einen Ausweis zu sehen. Den Schülerausweis hatte sie nicht bei sich, und wenn sie ihn gehabt hätte, hätte das auch nichts genutzt. Sie war eben noch nicht sechzehn. Missmutig trottete sie wieder nach Hause.

Als sie das Haus betrat war Frau Müller damit beschäftigt, die Treppen zu putzen. Jessika grüßte höflich und sah einen Moment zu, wie der nasse Lappen über die steinernen Stufen glitt.

»Na, Jessika, willst du mir helfen?«

Das schien eine halbwegs gute Idee zu sein. Sie wusste sowieso nichts mit sich anzufangen, und es gab jedes Mal fünf Mark Belohnung, wenn sie ein paar Handgriffe für die Hausmeisterin tat. Manchmal sogar zehn Mark.

»Ja, gerne, was kann ich denn tun?«

Eveline Müller reichte ihr ihren ziemlich schweren Schlüsselbund. »Du könntest den Fahrstuhl saubermachen. Okay?«

Diese Aufgabe hatte sie schon ein paarmal erledigt. Sie nickte und drückte auf den Knopf. Als die Türe sich öffnete, drehte sie den kleinen Schlüssel, der den Aufzug blockierte.

»Du musst dir noch Eimer und Putzmittel aus meiner Wohnung holen, du kennst dich ja aus«, rief Frau Müller, die mit ihrem Lappen inzwischen auf den Stufen zum Keller angekommen war.

Jessika nickte, obwohl das niemand sehen konnte. Sie stieg mit den Schlüsseln in der Hand die fünf Stufen hinauf zur Hausmeisterwohnung, schloss auf und ging zielstrebig in die Kammer, in der die Putzutensilien verwahrt wurden. Ein übler Geruch hing in der Luft.

Jessika beeilte sich, Eimer, Lappen und die gelbe Flasche mit dem Reinigungsmittel an sich zu nehmen. Das Badezimmer lag gleich neben der Kammer, sie ging hinein und ließ Wasser in den Eimer strömen. Die Waschmaschine lief, das Wasser im Bullauge schwappte rotbraun hin und her.

Sie zog die Wohnungstür hinter sich zu und begann, die Fahrstuhlkabine zu säubern. Frau Müller war mittlerweile im Keller angelangt, Jessika hörte den Schrubber gegen die Holzverschläge stoßen. Das Mädchen arbeitete gründlich aber zügig. Als die Hausmeisterin heraufkam, war sie fast fertig.

»Gut gemacht, Jessi«, meinte Eveline Müller nach einem prüfenden Blick. »Sehr gut. Sogar den Aschenbecher hast du geleert.«

Sie griff in die Schürzentasche und ließ ein Fünfmarkstück in Jessikas Hand fallen.

»Danke, Frau Müller. Ach übrigens, ich glaube, die Wäsche färbt.«

»So? Da muss ich aber gleich nachsehen.«

Sie nahm die Reinigungsutensilien und den Schlüsselbund an sich und verschwand in ihrer Wohnung.

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Eveline Müller ärgerte sich über ihre Gedankenlosigkeit. Wie hatte sie das Kind in die Wohnung lassen können! An einem solchen Tag! Sie hätte selbst Eimer, Lappen und Putzmittel für die Kleine holen müssen, oder die Hilfe heute ablehnen, denn einem so aufgeweckten Mädchen entging so gut wie nichts. Natürlich färbte die Wäsche! Sie würde den Waschgang mehrmals wiederholen müssen, um alles Blut aus den Laken und Bezügen zu bekommen. Sie bewahrte die Bettwäsche nicht auf, sondern spendete sie der Kleiderkammer, aber dort konnte sie natürlich nicht mit blutigen Laken und Bezügen auftauchen.

Vor allem aber lag die Leiche noch auf der Plastikplane im Schlafzimmer. Die Tür war zwar abgeschlossen, aber ein neugieriges Kind mit dem Schlüsselbund in der Hand konnte durchaus nachforschen wollen, woher der eigentümliche Geruch, der nun einmal nicht zu vermeiden war, stammte. Doch das hatte das Mädchen wohl nicht getan, sonst wäre es nicht so ruhig geblieben.

Es war immer problematisch, die Leichen loszuwerden. Die mussten in kleine Stücke zerteilt werden, bevor Eveline sie aus der Wohnung bringen konnte. Die Einzelteile wurden im Garten vergraben oder so zerkleinert, dass sie im Müll als Metzgerfüllsel durchgehen konnten. Den Ausdruck hatte sie aus einem Buch, er gefiel ihr. Metzgerfüllsel! – wohl aus einem Roman von Stephen King. Oder Peter Straub.

Ihre Trophäen wurden selbstverständlich nicht zu Metzgerfüllseln verarbeitet. Die Penisse bewahrte die Hausmeisterin in Weckgläsern auf, die mit Spiritus gefüllt waren und ein Regal in ihrem kleinen Hobbyraum zierten. Es waren mit dem Exemplar von letzter Nacht schon vierzehn. Sie stand oft vor dem Regal und betrachtete die unterschiedlichen Formen und Größen, die der Einfallsreichtum des Schöpfers den männlichen Wurmfortsätzen, mit denen Männer so viel Unheil anzurichten vermochten, gegeben hatte. In ihren Weckgläsern sahen sie alle so harmlos und unschuldig aus.

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Jessika hörte in ihrem Zimmer, dass aus der Hausmeisterwohnung wieder das Geräusch der elektrischen Säge kam. Frau Müller reparierte vieles selbst, sie bastelte auch, hatte etliche Vogelhäuschen und Nistkästen gebaut, die im Garten an den Bäumen befestigt waren. Sie arbeitete oft in der Dunkelheit im Garten. Den neugierigen Hausbewohnern hatte sie erzählt, dass ihre Pflanzen und Blumen deshalb so gut gediehen, weil sie deren Eigenarten kannte. Und dazu gehörte eben auch, dass man manches nur in der Dunkelheit erledigte. Einige Nachbarn waren belustigt über so viel Esoterik … aber es störte niemanden, Die Hausmeisterin machte ja dabei keinen Lärm, und der Garten gedieh wirklich prächtig.

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Der Kerl war widerspenstig, selbst jetzt noch. Eveline Müller hatte Mühe, den Arm in Teile zu zerlegen, die nachher in ihren Fleischwolf passen würden. Aber sie musste fertig werden, bevor die Verwesung einsetzte, denn den Gestank hätte vielleicht doch jemand erkannt. Sie putzte das Treppenhaus nach solchen Nächten mit dem extrastarken Mittel für Industrieanlagen, da es die Luft so mit Salmiakgeruch erfüllte, dass man nichts anderes mehr riechen konnte. Solange sie der Verwesung zuvorkommen konnte, zumindest.

Die Finger und die Hand hatte sie bereits durchgedreht, nun kam Stück um Stück der rechte Arm dran.

Die Uhr musste sie wieder im Schlosspark Steglitz verlieren, die Chance, dass sie jemand irgendwo abgab, war fast gleich Null. Und wenn, dann war der Park weit genug weg von ihrem Haus. Den Ehering konnte sie am Abend beim Weg vom Einkaufen nach Hause von der Brücke in den Teltowkanal fallen lassen. Und die Metzgerfüllsel kamen später in der Nacht in die Mülltonnen der Siedlung drei Straßen weiter. Morgen früh würde die Müllabfuhr den lästigen Mann beseitigen, die Ratten und Möwen auf der Müllkippe freuten sich sicher schon auf die nahrhafte Fuhre.

Sie arbeitete konzentriert und war um 17:00 Uhr endlich fertig. Etliche stabile Mülltüten bargen die seltsame Masse aus Knochen, Haaren und Organen. Das Blut hatte sie eimerweise im Klo heruntergespült. Sie sah sich zufrieden um. Noch das Bett frisch beziehen, dann war ihr Schlafzimmer bereit für den nächsten Gast.

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Eine Woche später lud sie einen Geschäftsreisenden ein. Er mochte Mitte dreißig sein, blond, gebräunt, der typische aufwärts strebende Erfolgsmensch, der für ein paar Tage in Berlin zu tun hatte. Womöglich, nein, wahrscheinlich glücklich verheiratet irgendwo in der Provinz.

In den Restaurants und Bars am Kurfürstendamm hatte Eveline Müller schon ein paarmal erfolgreich nach Spendern weiterer Trophäen für ihr Regal Ausschau gehalten. Ihr attraktives Äußeres half ihr dabei, aber vor allem war es ihr Gespür für die richtigen Männer, das den Erfolg brachte.

Der Mann hatte sie angesprochen, als sie sich neben ihn an den Tresen lehnte. Was er wollte, konnte sie sich denken. Was sie wollte, wusste sie ganz genau.

Natürlich durfte niemand ihn das Haus oder gar ihre Wohnung betreten sehen. Bisher hatte es fast immer geklappt. Die Mieter sahen ja so gerne fern, und die Penisspender blieben der Aufforderung folgend sehr leise, wenn sie durch das Treppenhaus huschten. Die Straße war belebt, kein Mensch achtete auf den anderen. Keiner ihrer Gäste war im Haus gesehen worden, bis auf ein einziges Mal. Da hatte Herr Burkhard aus dem dritten Stock gerade in dem Augenblick das Haus verlassen, in dem sie mit ihrem Auserkorenen ankam. Das hatte dem jungen Mann, dessen Glied Trophäe Nummer Sieben hätte werden sollen, das Leben gerettet. Ein solch hohes Risiko wollte Eveline Müller nicht eingehen. Zufrieden vor sich hin summend war der Typ nach zwei Stunden aufgebrochen. Das bereitgestellte Glas war an jenem Abend leer geblieben. Solch ein Missgeschick war allerdings nur ein einziges Mal passiert.

Nummer 15 lehnte nun neben ihr am Tresen und hörte aufmerksam zu. Eveline Müller verlangte, dass er nicht direkt zu ihrer Wohnung kam, sondern sich mit ihr in einem Lokal traf. Sie beschrieb ihm den Weg vom nächstgelegenen U-Bahnhof. Sie wollte keine Autos, deren Besitzer in der Mülltonne und im Garten landeten, vor ihrem Haus. Und niemals nannte sie einem potenziellen Penisspender ihre Adresse. Man wusste ja nicht, ob er die jemandem weitersagen oder irgendwo aufschreiben mochte.

Um 21:00 Uhr ging sie zur Kneipe. Sie sah ihn schon durch das Fenster am Tisch sitzen, ungeduldig blickte er auf die Türe. Die Hausmeisterin trat ein und begrüßte ihn mit einem vielversprechenden Kuss. Sie tranken ein Glas Wein zusammen und brachen dann auf.

Buchumschlag RückseiteEveline war froh, dass es in Berlin so viele Kneipen gab, sie besuchte nie zweimal die gleiche, wenn sie sich mit einem ihrer Gäste verabredete.

Es war kurz vor Zehn, als sie das Haus betraten. Sie glaubte einen Moment, einen Schatten auf der Treppe oben gesehen zu haben, aber es war wohl eine Täuschung gewesen. Alles blieb still.

Sie schlug dem Mann, genau wie allen Vorgängern, ein Spiel vor, das sie ihm anhand eines illustrierten Buches vorstellte. Sie erklärte, dass bisher jedermann begeistert gewesen war; die Fesseln würden den Genuss erheblich steigern, da der Gast dabei endlich einmal völlig passiv genießen konnte, was mit ihn geschah.

Wie alle war auch er einverstanden, als er die Fotos in ihrem Album sah. Willig ließ er sich die Handschellen um die Knöchel der Arme und Beine legen, gegen den Knebel, der auf den Fotos nicht zu sehen war, konnte er nicht mehr protestieren, so schnell und geschickt war sie inzwischen geworden.

»Warte nur ab, es wird phantastisch!«, versprach sie der Nummer 15.

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Auch er sah wenig später als letztes in seinem Leben das abgeschnittene Organ, von dem er sich in dieser Nacht etwas ganz anderes erhofft hatte. Eveline Müller ließ den Penis vorsichtig in das Glas mit dem Spiritus gleiten, als es an der Tür klingelte.

Sie reagierte nicht. Sie war trotz aller Vorsicht mit dem Blut des Geschäftsmannes bespritzt, sie musste sich erst reinigen, bevor sie jemandem unter die Augen kommen konnte.

Sie schlich auf Zehenspitzen in den Flur und lauschte. Es klingelte wieder, und sie hörte Jessikas Stimme: »Bitte, machen Sie auf, Frau Müller. Ich bin es, Jessika.«

Das Mädchen klopfte an die Tür, laut hallte es durch das Treppenhaus. Sie würde das ganze Haus wecken, wenn nichts geschah.

»Was willst du?« fragte sie durch die geschlossene Tür. »Ich habe nichts an, ich kann nicht aufmachen.«

»Bitte. Ich muss mit Ihnen reden!«, antwortete Jessika.

»Ist etwas mit deinen Eltern passiert?«

»Nein, die sind auf einer Party. Ich bin allein. Bitte, es ist wichtig. Ich weiß, dass Sie Besuch haben. Wenn man da von Besuch reden möchte.«

Also hatte Eveline Müller sich doch nicht getäuscht, als sie meinte, etwas im Treppenhaus gesehen zu haben. Sie musste irgendwie reagieren, sonst kamen wegen des Lärms, den das Kind veranstaltete, noch weitere Nachbarn dazu.

»Wir reden morgen, Jessi. Geh schlafen.«

»Lassen Sie mich rein, sonst rufe ich die Polizei.«

Nun blieb ihr keine Wahl. Sie öffnete die Tür einen Spalt und ließ Jessika in den dunklen Flur. Das Mädchen, da konnte man nun nichts mehr ändern, würde leider die Nacht nicht überleben. Schade, sie mochte die Kleine sehr und hatte außerdem nie die Absicht gehabt, eine Geschlechtsgenossin zu töten.

Jessika knipste das Licht an. Sie stand da in ihrem Schlafanzug, völlig gelassen, als sei ihr Besuch selbstverständlich. Sie musterte die nackte, mit Blut bespritzte Hausmeisterin von Kopf bis Fuß und schwieg. Eveline erkannte, dass das Mädchen die Wahrheit wusste, ohne ins Schlafzimmer geschaut zu haben.

»Ist er da drin?«, fragte Jessika.

»Ja.«

»Ich will ihn sehen.«

Sie ging voran und stieß die Türe auf. Die Hausmeisterin folgte ihr und griff nach dem Messer, das auf der Kommode neben der Tür lag.

»Wir könnten ihn aufessen«, erklärte Jessika gelassen.

Die Hand, die eben ausholte, um das Kind zu erstechen, erstarrte. Eveline Müller staunte. Hier stand ja eine verwandte Seele vor ihr, eine Schwester! Beinahe hätte sie ihre Artgenossin ermordet.

»Was hast du gesagt?«

»Wir könnten ihn aufessen, zum Teil wenigstens. Die Leckereien eben.«

Der Gedanke war Eveline Müller noch nie gekommen. Aber das Kind hatte Recht. Ein solches Festmahl wäre in der Tat die Vollendung, die Krönung ihrer Leidenschaft.

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Und während Jessikas Eltern noch der Mitternacht entgegentanzten, bereiteten sich zwei Menschen ein Mahl mit knusprig gebackenem Gehirn und frischer Leber.

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So. Das war die Leseprobe. Der Roman folgt dann voraussichtlich irgendwann im Sommer.

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