Dienstag, 21. August 2007

The Devil's Been Busy

Noch während ich in Tschechien ohne Internet und E-Mail war, sammelten sich Zuschriften von besorgten und beunruhigten Menschen in meinem E-Mail Postfach, weil sie zuerst, wenn sie zu Glaube.de wollten, auf einer Seite der kriminellen Art landeten, dann nirgends mehr und inzwischen das Nebenstehende zu lesen bekommen.

Erstens, liebe Schreibende: Ich bin bei Glaube.de nur ehrenamtlicher Mitarbeiter in der Redaktion, habe das Projekt weder ins Leben gerufen noch sonst etwas Technisches oder Verantwortliches damit zu tun. Also braucht sich niemand jemals an mich wenden, wenn es um Dinge wie Freischaltungen, technische Fragen und weißnichtwasnoch geht.

Zweitens: Glaube.de mit Millionen Seitenabrufen ist dem Satan ein Dorn im Auge, keine Frage. Ein Hacker hatte vergangene Woche das Werk seines Herrn und Meisters übernommen, die Seite zu kidnappen und größeren Schaden anzurichten. Da ich von den technische Dingen keine Ahnung habe, kann ich nicht sagen, ob und wann und wie die Daten komplett oder zum Teil wiederhergestellt werden können. Es sind jedoch die Verantwortlichen fast rund um die Uhr bemüht, und das sind Fachleute, die ihr Handwerk verstehen.

Drittens: Selbstverständlich muss man mit Angriffen und Zerstörungswut rechnen, wenn man das Evangelium verkündet und Reich Gottes baut. Ich wüsste nicht, wann Jesus seine Worte
Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen wenn sie mein Wort gehalten haben, werden sie auch das eure halten. (Johannes 15, 20)
außer Kraft gesetzt hätte. Paul schrieb an Timmy:
Alle aber auch, die gottesfürchtig leben wollen in Christus Jesus, werden verfolgt werden. (2. Timotheus 3, 12)
Und - let's face the truth - ein Angriff auf ein Internetportal wie Glaube.de ist im Grunde genommen keine "Verfolgung", denn in der Bibel ist die Rede von Gefängnis, Folter und Tod.

Dennoch gilt dass das, was der Feind Gottes an Schaden anzurichten vermeint, vom Feind des Feindes, dem Sieger nämlich, zu einer guten Sache gemacht wird, wenn der Feind mit Hilfe des Feindes des Feindes energisch einen Platzverweis bekommt.
Dazu mehr in den nächsten Tagen, wenn ich den bereits gestern avisierten Text, der vermutlich "Riding With The King" heißen könnte, abschließend bearbeitet habe.

Montag, 20. August 2007

Alltägliches

Der Urlaub ist einstweilen vorbei, nun setzt Alltägliches wieder Lebensakzente.
Allerdings bleiben Erinnerungen und Erlebnisse, sogar Ergebnisse.

In den unbedingst bereisenswerten böhmischen Wäldern habe ich das Markusevangelium studiert und einen hervorragenden Thriller von Michael Conelly gelesen sowie eine Biographie über Derek Prince angefangen.

Ergebnis 1: Die Beschäftigung mit Markus befruchtete einen Artikel, der noch keinen endgültigen Namen hat, aber ansonsten so gut wie fertig ist. In den nächsten Tagen teile ich mit dem interessierten Leser, was mir bei Markus über Teufel und Dämonen begegnet ist.

Die Lektüre von Conelly war wieder mal (ich schätze seine Bücher mehr und mehr, je öfter ich ihn lese) a real pageturner. Wer Conelly nicht kennt, dem empfehle ich (allerdings nur im englischen Original, die deutschen Übersetzungen, die ich bisher zu Gesicht bekommen habe, sind leider mittelmäßig und darunter) The Lincoln Lawyer und - gerade in Tschechien am Waldsee gelesen - A Darkness More Than Night.

Natürlich haben wir auch allerlei unternommen, unter anderem fuhren wir mit einem Zug, der von einer echten Dampflokomotieve gezogen wurde, haben eine Stadt besucht, in der ich vom ersten Augenblick bis zum Verlassen derselben das Gefühl nicht loswurde, dass ein Fluch auf der Ortschaft liegt und andererseits setzten wir die Füße in zahlreiche sympathische Städte.

Ergebnis 2: "What are you doing?" fragte Eva, als ich recht lange die Kamera nicht aus der Hand legte, ohne dass ein ihr erkenntliches Motiv in Sicht gewesen wäre. "Just shooting kids!" antwortete ich, das Ergebnis hat die Sammlung The Kids Are All Right um vier Bilder erweitert - denn wie üblich schieße ich nicht mit tödlichen Waffen...

Ergebnis 3, 4 und so weiter: Demnächst, denn jetzt fahre ich ins Büro, die Arbeit ruft.

Sonntag, 19. August 2007

Eine wahre Geschichte



Ein Mensch aus einer großen Stadt
verreiste jüngst nach Böhmen,
wo er sich vorgenommen hat,
auch was zu unternehmen.

Am See fand er ein Kanu liegen
von schlanker, ziemlich leichter Art.
Flugs hat der Mensch das Boot bestiegen
und los ging seine erste Fahrt.

Im Tret- und auch im Ruderboot
zu fahr'n ist keine große Sache.
Jedoch gerät der Mensch in Not:
Dem Kanu fehlt die Form, die flache

mit der das Fahrzeug aufrecht bleibt
auch für ganz ungeschickte Leute.
Der Stadtmensch, den's aufs Wasser treibt
wird so dem See zur Beute.

Der Schaden bleibt jedoch gering,
Mensch und auch Boot sind unverletzt
Die Sonnenbrille ist dahin -
hat wohl ein Fisch sich aufgesetzt.

Nicht nochmal hat's ihn rausgetrieben
er bleibt fortan am grünen Strand.
Das Kanu darf am Ufer liegen.
Er sitzt daneben, Buch zur Hand.


Freitag, 10. August 2007

Noch ne Pause


Am 13 August jährt sich der Tag es Mauerbaus in Berlin. Am 13. August bin ich samt Familie jedoch im Land von Milan Kundera, Bedrich Smetana und Antonin Dvorak. Fern aller Internet- und E-Mail-Zugänge. Schon ab morgen früh, überraschenderweise.
Wichtiger als der 13. August scheint mir sowieso der unvergessliche Tag zu sein, an dem die Mauer durchlässig wurde. An ihn erinnert das oben abgelichtete Denkmal, das amerikanische Freunde der Stadt Berlin geschenkt haben.

Ich freue mich auf eine Woche ohne moderne Kommunikationsmittel, und der Blog macht folglich erneut Pause. Gelegenheit für meine constant readers, darüber nachzusinnen, inwieweit Google-News recht hatte, diese Nachricht gestern unter der Rubrik "Unterhaltung" abzulegen:


Ich arbeite (auch in Tschechien, das Notebook darf mit) gerade an einer Art Fortsetzung oder Erweiterung oder so was der Mini-Serie, die ich kürzlich über den Epheserbrief veröffentlicht habe. Dabei werde ich den Leser, der das möchte, an die Hand nehmen und durch eines der vier Evangelien begleiten mit der Frage: "Teufel, Satan, Dämonen, Befreiung von finsteren Mächten, geistlicher Krieg und all so was - hat das was mit unserer Zeit und uns zu tun?"

Ich kann nicht versprechen, dass schon was fertig sein wird, wenn wir aus dem Urlaubswöchlein zurückkehren, aber so Gott will und wir leben gilt wiederum: I'll be back.

P.S.: Lesenswert fand ich kurz vor der Abreise noch diesen offenen Brief an Dr. Heilbar.

Bob und Eric geht gut. Mick und Bob geht nicht gut.

Eric Clapton und Bob Dylan sind das Gegenteil von Mick Jagger und Bob Dylan. Oder anders ausgedrückt:
Geht nicht unter fremdartigem Joch mit Ungläubigen! Denn welche Verbindung haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis? (2. Korinther 6, 14)
Oder nochmal anders formuliert: Selbst wenn man es versucht, gelingt die Verbindung von Licht und Finsternis nicht. Irgendwie inkompatibel, Mick und Bob, während Eric und Bob passt.

Ich rede unverständlich? Nun gut, mag sein, dann will ich den musikalischen Nachweis bringen, dass stimmt, was Paulus an die Korinther schrieb. Etwas widerwillig, denn Musik im Minifenster über PC-Lautsprecher ist an und für sich unakzeptabel, aber gut, ein Blog ist ein Blog und YouTube ist YouTube, es geht halt nicht in HiFi und mit Großbild.

Eine Band, die beharrlich in jedem Konzert Mitgefühl mit dem Teufel einfordert und ein Musiker, der seit den 70er Jahren Jesus nachfolgt können zwar zusammen auf einer Bühne erscheinen, aber Harmonie entsteht nicht. Da kann Herr Jagger noch so verbissen an den Lippen von Herrn Dylan hängen, es wird einfach nichts daraus. Bob merkt das natürlich und zieht sich in den Bühnenhintergrund zurück, wo er mit Keith ein Schwätzchen hält, während Mick weiter rumzappelt, als wolle er noch immer den 20jährigen spielen. Dann schlendert Bob wieder ans Mikrophon und bricht schließlich angesichts der musikalischen Inkompatibilität- was man von His Bobness nun wirklich nicht kennt - auf der Bühne in Gelächter aus. Alle Beteiligten sind natürlich professionell genug, den Song zu einem halbwegs vernünftigen Abschluss zu bringen, aber von Harmonie zu reden wäre ein unzulässiger Euphemismus. Mick und Bob sind unverkennbar wie Finsternis und Licht. Hier zum Anschauen der Beweis des oben zitierten Bibelverses: Like A Rolling Stone

Die beiden Gitarren auf dem Bild deuten schon an: Es geht auch anders. Clapton, der seit dem tragischen Tod seiner Tochter vor vielen Jahren - so seltsam das dem Menschen vorkommt, der Christus nicht kennt - gefestigt und mit dem Frieden Gottes erfüllt ist und Dylan, der sich beharrlich bei jedem Konzert seiner Never-Ending-Tour als Nachfolger Jesu ankündigen lässt, können zusammen auf einer Bühne erscheinen, und Harmonie ist einfach da. Eric Clapton und Bob Dylan habe ich mehrfach zusammen musizieren gesehen und gehört, jedes Mal ein Hochgenuss. Zum Beispiel - mit der genannten Einschränkung, dass ein PC-Bildschirm und PC-Lautsprecher zur Widergabe an und für sich nicht taugen, diese (dem Vernehmen nach nicht geprobte, sondern spontan auf der Bühne verabredete) Version von Don't Think Twice it's Alright

Donnerstag, 9. August 2007

Achtundzwanzig Augenblicke

...wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr keinesfalls in das Reich der Himmel hineinkommen. (Matthäus 18,3)

"Bitte recht feundlich!" halte ich für wenig sinnvoll, wenn Fotos einen unverfälschten Augenblick einfangen sollen. Wer erst sein Kameragesicht aufsetzt, ist schon aus dem Augenblick herausgerissen.
Daher fotografiere ich lieber Menschen, ohne dass sie dessen gewahr werden. Vor allem bei Kindern gelingen dabei Fotos, die zumindest mir mehr sind als gestellte Portraits vor
getünchter Wand mit aufgesetztem Lächeln.
Das Mädchen links beispielsweise schmiegt sich an seinen Vater, es hat Sekunden vorher einen gewaltigen Donnerschlag gegeben und die ersten Tropfen fallen. Was spricht nicht alles aus diesem Blick...
Das Foto und 27 weitere von Kindern, die keine Kamera auf sich gerichtet wissen, sind nun bei meinen öffentlichen Fotoalben zu finden: The Kids Are Alright

Mittwoch, 8. August 2007

Behütet

Seit einigen Jahren trage ich gerne Hut, nachdem ich lange Jahre zuvor schon gerne Hut getragen hätte, aber keinen besaß. Ob Sommer, Winter, Frühling oder Herbst, ein Hut tut mir gut. In vielfacher Hinsicht.
Zum einen schützt er vor der Sonne, vorwiegend der rechts abgebildete aus feinstem Stroh geflochtene, ohne dass mein Kopf ins Schwitzen käme, was bei einer Baseballmütze oder einer Kappe, wie der andere Herr auf dem Foto sie trägt, unvermeidlich wäre.
Der Herr ist übrigens Lehrer, wohnt in Lübeck und weist auf ein Buch hin, das zu lesen wäre, anstatt verdummende Computerspiele zu treiben oder elektronische Tagebücher, Blogs genannt, zu erstellen und zu konsumieren.
Doch zurück zum Hut: Auch für regnerische Tage kann mir, dem Brillenträger, ein Hut manches Ungemach ersparen, denn der ganze Kopf bleibt, einschließlich Augengläser, trocken. Natürlich nehme ich nicht den Strohhut vom Haken, wenn Wasser statt Sonne vom Himmel ströhmt, sondern einen anderen.
Inzwischen nenne ich vier Hüte mein eigen, darunter auch einen schwarzen für winterliche Tage und Nächte. Ein Hut geeigneter Art wärmt nämlich, und wie wir alle wissen, verliert der Körper in kalter Umgebung Wärme überwiegend über den Kopf. Eine Schimütze taugt zum Schifahren, mir ist abseits der Pisten ein Hut willkommener. Ich trage meine Joggingkleidung ja auch nur zum Jogging, nicht etwa zum Einkauf im Supermarkt.

Doch all diese (und weitere hier ungenannte) Aspekte sind nur die eine Seite der Medaillie, was viel ausschlaggebender für mich ist: Ich mag es einfach, behütet zu sein. Nicht bemützt, nicht bekappt, sondern behütet, und der Hut ist - verstehe das wer will - ein Symbol, das mich an das Behütetsein erinnert, mit dem ich zu mir sage: Auch heute bin ich und bleibe ich behütet.

Und ob der Zeitgeist der Männermode nun den Hut für "out" oder "in" erklärt, ficht mich nicht im Geringsten an. Ich trage Hut, gerne und mit Überzeugung. Man sieht mich daher häufig behütet.

Dienstag, 7. August 2007

Ökologisch unbedenklich und biologisch wertvoll

Neulich in Lübeck trank ich Bio-Bier der Marke Pinkus zu einem Teller Bio-Rührei mit grün-roter Bio Beilage. Nun ja. Es hat mir zumindest nicht weiter geschadet, wenngleich ich geschmacklich nicht unbedingt auf dem sonst gewohnten Niveau gespeist und getrunken habe. Aber immerhin war ess- und trinkbar, was der an einen zerstreuten Gymnasiallehrer erinnernde Kellner nach der Lokalität angemessener Wartezeit aufgetischt hatte.
Eva trank etwas grau-rotes mit leichtem Braunstich zu ihrer ökologisch unbedenklichen Quarkspeise mit Früchten.
Ringsum an den Tischen aßen die Gäste des Lokals ebenfalls graugrüne Speisen und tranken überwiegend Tee dazu, vereinzelt sah man vermutlich fair gehandelten Kaffee und noch seltener - hätte mich das warnen sollen? - ein Glas Bier.


Man saß an nackthölzernen Tischen auf harthölzernen Stühlen, lediglich das Kerzernbehältnis auf dem Tisch war aus Kunststoff gefertigt, lila noch dazu, ansonsten aber herrschten natürliche Werkstoffe bei der Ausstattung vor. Immerhin erfreute das Lila des Kerzenglases auch an den Wänden das Auge des Betrachters, gepaart mit dem giftgrünen Holzanstrich eine ausserordentlich fröhlich-bunte Farbgestaltung. Nett war's, ein vergnüglicher Aufenthalt in einem ökologisch unbedenklichen Restaurant. Hat mich an neine etwa 100 Jahre zurückliegende Abendschulzeit in Berlin erinnert, in der ich mit Freunden in Wilmersdorf eine alternativ-biologische Kneipe in Schulnähe gerne frequentierte. Allerdings gab es da Bier, das richtig gut schmeckte - vermutlich war damals Bio-Bier noch nicht erfunden und die Welt noch in Ordnung. Prost!

Montag, 6. August 2007

Wort Gottes muss nicht Schwert sein

„Am 6.Juni 1944 schlugen und gewannen die Alliierten die kriegsentscheidende Schlacht. Doch der Krieg ging weiter und endete erst am 8.Mai 1945, dem sogenannten „Tag des Sieges“ – elf Monate später. Zwischen der Entscheidungsschlacht und dem Tag des Sieges starben mehr amerikanische Soldaten als zu jedem anderen Zeitpunkt des Krieges.

Genauso verhält es sich mit Jesus. Unsere Entscheidungsschlacht fand am Ostermorgen statt, unser Tag des Sieges ist das zweite Kommen Christi. In der Zwischenzeit geht der Krieg weiter.“


Diese Sätze habe ich vor einer Weile beim Storch gelesen, weißnichtmehrwogenau, als ich noch am zweiten Teil meiner Miniserie über den Epheserbrief schrieb. Die Sätze haben sich nun samt ein paar ihnen folgenden Gedankengängen im dritten und letzten Kapitel wunderbar eingefügt.

Natürlich besteht meine Arbeit ansonsten nicht aus Fremdzitaten, obwohl ich dauernd den Apostel Paulus zitiere... Mein Fazit am Ende der Arbeit:

Dazu, und nur dazu ist sie dem Epheserbrief zufolge da, die Waffenrüstung Gottes. Nicht für geistlichen Krampf, bei dem mit fürchterlichem Geschrei „Land erobert“ wird und „der Feind überwunden“ werden soll. Sondern für geistlichen Kampf, bei dem das Reich Gottes schon gekommen ist und die Vollmacht Jesu Christi über alle Mächte und Gewalten längst uns gehört.

Jedenfalls habe ich fertig, wie umgangssprachlich in gewissen Regionen formuliert wird, wenn etwas abgeschlossen wurde. Wiederum muss ich interessierte Leser allerdings vom Blog hinweg zur Webseite bitten, uninteressierte Leser klicken natürlich nicht auf diesen Link:

Geistlicher Kampf oder Krampf - Teil 3


P.S.: Die Überschrift zu diesem Blogeintrag erschließt sich aus der Lektüre des Textes auf der Webseite.

Sonntag, 5. August 2007

Zwei Leben

Zwei Bücher, die autobiographisch sein wollen und in jene schwer vorstellbare Zeit zurückreichen, die mir, dem 1955 geborenen Deutschen, nur aus Schulunterricht, Berichten und Erzählungen bekannt geworden ist, stehen für mich gesondert von aller anderen Literatur über die Epoche. Zwei Bücher, die mich tief getroffen, es mir gestattet haben, mitzuerleben, was den Autoren begegnet ist, zwei Lebensanfänge, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

Die beiden Autoren pflegen seit Jahrzehnten eine Hassliebe, mögen und schätzen einander öffentlich mal deutlich anerkennend, mal nicht sonderlich freundlich. Der eine schreibt über den anderen:

„…verlästerte alle Päpste, so später auch jenen, der medienwirksam erhöht den literarischen Himmel einzig nach seiner Elle vermessen wollte, und befreundete mich mit dem Risiko, als Außenseiter dem jeweiligen Zeitgeist widerstehen zu müssen.“ (Beim Häuten der Zwiebel, Seite 425)

Der andere bemerkt zum einen:

„Sie schildern ein Treffen mit Uwe Johnson. Sie schildern es wunderbar. Das kann keiner besser als Sie. Aber es sind nur fünf Seiten von 781.“ (Besprechung von „Ein weites Feld“ im Spiegel)

Regelmäßig amüsieren mich ihre Animositäten. Der eine, der sich nie selbst als Literaturpapst bezeichnet hat, jedoch die medienwirksame Rolle wohl nicht ohne erkennbares Vergnügen und Genugtuung auszufüllen verstand, der andere, der sich nicht ungern und nicht weniger medienwirksam als Außenseiter einem Zeitgeist widersetzte, selbst wenn dieser an ihm gar nichts auszusetzen hatte.

Die beiden Bücher über die gleichen Jahre, „Mein Leben“ und „Beim Häuten der Zwiebel“ sind so unterschiedlich im Ansatz wie ihre Autoren. Reich-Ranicki schreibt als ein Mensch mit ungetrübtem Blick auf jegliche Details der Vergangenheit, während Grass wieder und wieder verschiedene Darstellungen der gleichen Begebenheit zur Auswahl stellt. Reich-Ranicki bleibt bei seinem Lebensbericht ein Chronist, Grass bleibt ein Erzähler. Der eine hat als Jude Kindheit und Jugend unter Hitler durchlitten, der andere glaubte als Deutscher bis zum Schluss an den so felsenfest versprochenen Endsieg.

Ganz abgesehen davon, dass Reich-Ranicki und Grass die deutsche Sprache beherrschen wie nur wenige, dass beide mir auf keiner einzigen Seite dieser beiden Bücher auch nur einen Hauch von Langeweile zugemutet haben, ist ihnen in ihrer Unterschiedlichkeit das gelungen, was weder Dokumentationen noch zahlreiche andere Literatur vermocht haben: Ich habe etwas verstanden und empfunden, habe während der Lektüre erlebt, was vor meiner Zeit geschah.

Mein einer Großvater, KZ-Häftling weil Sozialist, zu jung verstorben an den Folgen der Gefangenschaft, von der Großmutter häufig und eindringlich vor meine jungen Augen gestellt, mein anderer Großvater, friedliebender Pastor, vertrieben aus Gebieten, die heute polnisch heißen, konnte mir noch selbst erzählen und berichten. Doch blieben ihre und die Erfahrungen ihrer Ehefrauen und Familien mir unerlebt, seltsam fremd trotz verwandtschaftlicher Nähe. Zwei Bücher von zwei Männern, die ich nie getroffen und gekannt habe, wurden mir dagegen wie ein Stück der eigenen Erinnerung.

Liegt es daran, dass beide Werke ehrlich sind? Natürlich vermag ich nicht zu sagen, wo Gras oder Reich-Ranicki die Wahrheit zu Papier gebracht und wo sie ihr hinzugedichtet oder weggelassen haben. Das ist auch gar nicht notwendig. Erinnerung und Vergangenheit sind Geschwister, die einander manches Mal widersprechen, in Streit geraten, dann wieder einträchtig Hand in Hand spazieren, um irgendwann erneut aneinander zu geraten.

Reich-Ranicki schreibt, wie es seine Art ist, als gebe es keinen Zweifel an der Wahrheit seiner Zeilen, schildert selbst Details wie den aufgefundenen Beipackzettel einer Kondompackung mit über sechzig Jahren Abstand als hätte er das Kleingedruckte gestern erst studiert. Grass lässt Details auftauchen und verschwinden, weiß immer wieder anzudeuten oder klar zu sagen, dass etwas und wie etwas gewesen sein hätte können, vielleicht auch war.

Mir sind sie beide eindringlich geworden, denn diese Bücher haben eins gemeinsam, was so vielen anderen, die ich zum Thema gelesen habe, fehlt: Sie wollen nicht belehren, nicht bekehren, sondern berichten und dichten. Und gerade deshalb, vermute ich mangels einer anderen Erklärung, treffen sie bei mir so tief in mein Innerstes hinein.

Es sollte mich wundern, wenn jemand, der wie ich ein Nachkriegskind ist, „Beim Häuten der Zwiebel“ von Günter Grass und „Mein Leben“ von Marcel Reich-Ranicki anders lesen könnte als mit innerer Beteiligung, die schnell zum Miterleben wird.