Mittwoch, 13. Oktober 2010

140? 140!

41aMb8ofSxL._BO2,204,203,200_PIsitb-sticker-arrow-click,TopRight,35,-76_AA300_SH20_OU03_[1] Ein Buch, nein, eher ein Büchlein, wurde mir anlässlich meines Geburtstages vor einigen Wochen von meinem Freund Haso im Kreise der geladenen Geburtstagsgäste als Geschenk überreicht. Ein Büchlein, das mich – endlich, würde mein Freund seufzen – auf den Geschmack bringen sollte.

Nun sind mir Bücher stets willkommen, die meisten wenigstens, von Frau Elfriede Jelinek ist ja hier nicht die Rede. Ich las also mit nicht unbeträchtlichem Vergnügen, was Menschen, die zum Stamm der Twitterjünger gehören, so von sich gegeben hatten. Nein, nicht Zwitter, lieber Leser, Twitter mit T.

Ich hatte mich bereits seit Februar 2010 mit Mikroliteratur gedanklich beschäftigt, treuen Blogbesuchern ist das nicht verborgen geblieben, Facebook-Freunden noch viel weniger. Mit fremder und eigener, wobei es sich immer leichter lesen als schreiben lässt. Mit gefiel so manches was ich las recht gut, ganz unabhängig von der Twitterei, zum Beispiel dieses Stück Literatur:

For sale: Babyshoes. Never worn.

Diese fünf Worte erzählen mehrere Geschichten, mir zumindest. Da ist die tragische, die Geschichte des Verlustes, des Schmerzes, der Verzweiflung: Das Kind kam tot zur Welt, die Schuhe sind nun obsolet. Oder die andere, nicht minder ans Herz gehende: Mutter und Kind sind Opfer der Unbarmherzigkeit des Schicksals geworden. Da ist aber auch die andere Geschichte: Vier Paar Babyschuhe wurden zur Geburt geschenkt, und mehr als zwei nun wahrlich nicht gebraucht, das Kind wächst ja schnell aus ihnen heraus. Oder sind die Babyschuhe in lieblichen Rosatönen gestaltet, was sich am Fuß eines Buben etwas sonderbar ausnimmt?

Ich merke: Ich schweife ab. Es soll doch hier um das Twitterbuch gehen, um den liebevollen Versuch meines Freundes, mich endlich zu Twitter zu bekehren.

Twitter ist eine Kommunikationsplattform, die sich dem normalen Internet, aber auch Mobiltelefonen zugänglich zeigt. Dabei gibt es eine Eigentümlichkeit: Es stehen 140 Zeichen zur Verfügung für eine Nachricht, die man mangels deutscher Sprachkompetenz oder aus reiner Faulheit und Gewöhnung als »tweet« zu bezeichnen pflegt. 140 Zeichen, unerbittlich, und die Leerzeichen zählen mit. Was kann man – nein, falsch formuliert – was kann ich mit einem solchen Medium anfangen?

140Das, so sagte ich mir, kann ich nur herausfinden, wenn ich versuche, mich den Fesseln zu unterwerfen, die mir bei Twitter angelegt würden, wenn ich mich je in das enge Gefängnis der nur 140 Zeichen großen Wortzelle sperrte.

Um es mir noch schwerer zu machen, nahm ich eine freiwillige weitere Bürde auf mich: Es müssen genau die 140 Zeichen sein, nicht etwa nur 139 oder gar noch weniger.

Wer mit seiner Computermaus oder über den Umweg eines berührempfindlichen Feldes mit dem Finger auf das diese Worte begleitende Bild klickt, kann einige handschriftliche Experimente in Augenschein nehmen. Wer die Resultate lieber als fertigen Text betrachtet, möge das Auge auf den folgenden Zeilen ruhen lassen.

Es kehrt endlich bei uns Friede ein. Die letzte Schlacht geschlagen, das letzte Blut vergossen. Keiner greift mehr zur Waffe. Es ruhen alle.

Maria legt die Hand auf seinen Bauch. Er atmet tief. Wird sie erspüren, wie sehnlich er die wenigen Zentimeter überwunden wünscht? Ausatmen.

Der Fluch der 140 Zeichen. Kein Entrinnen, keine Gnade. Oder Segen der 140 Zeichen. Kein Verzug, kein Zaudern. Sind 140 Zeichen Ja und Amen?

Das Bett, zwei ebene Flächen, belegt von bauschigen Kissen und Decken in strahlendem Weiß. Sie werden keine Decke brauchen, die Liebe wärmt.

Na bitte. Vier mal 140 Zeichen, vier Geschichten voller Spannung, Tragik, Dramatik, Erotik, Liebe, Hass, Leben und Tod. Und das noch mit religiöser Deutungsmöglichkeit, wenn jemandem danach ist und auch für die Friedensbewegung tauglich.

Es geht also, sagte ich mir. Es ist erst mühsam, aber es geht. Und es macht sogar Spaß.

Und wird er nun zum Twitter greifen? Das Zaudern dauert an. Es will der Sinn sich nicht erschließen. Doch braucht der Mensch für alles Sinn?

Dienstag, 12. Oktober 2010

Spamzeichen !!!

Ich bin dieser Tage recht beschäftigt mit Arbeit aller Art. Daher heute nur dieser Hinweis auf ein beinahe untrügliches Zeichen, dass eine Mail zu Recht im Spam-Ordner gelandet ist: Wenn ein ! in der Betreffzeile auftaucht, kann man die Mail unbesehen löschen.

spamzeichen 

Ähnliches gilt übrigens auch für Facebook-Nachrichten und manches andere, was so im Netz herumvagabundiert. Je mehr !!! auftauchen, desto wahrscheinlicher ist, dass sich nichts Lesenswertes unter dem Betreff verbirgt.

Sonntag, 10. Oktober 2010

Neuland – die komplette Geschichte

NeulandEine Erzählung, die mit dem Grauen eines Morgens beginnt. Fritz Wegemann sieht sich eingekreist, umzingelt. Und das ist erst der Anfang des Grauens. Die Menschheit ist dabei, sich endlich und endgültig auszulöschen ... kann es wirklich sein, dass ausgerechnet er eine Chance bekommt, der Apokalypse zu entgehen?

Meine regelmäßigen Blogbesucher wissen, was auf Fritz Wegemann wartet. Die Geschichte ist hier in Fortsetzungen zu lesen gewesen.

Dabei gab es – das hatte ich gehofft – Anmerkungen und Fehlerhinweise von meinen Lesern, die ich natürlich aufmerksam beachtet und bei der Überarbeitung nicht außer Acht gelassen habe. Wie ich es versprochen habe gibt es nun diese überarbeitete Geschichte »am Stück«.

Ab sofort steht die Erzählung »Neuland« als kostenloses E-Book zur Verfügung, und zwar wie bei meinen Werken gewohnt in den gängigen Formaten auch für die Lesegeräte, die sich ja immer größerer Beliebtheit erfreuen, also als EPUB, für den Amazon Kindle, als PDF und als Custom PDF.

Bittesehr: http://www.feedbooks.com/userbook/15955 

Viel Spaß!

Freitag, 8. Oktober 2010

Vorfreude

Ich freue mich auf den 23. Oktober. Da habe ich das Vergnügen, Colosseum zu erleben, hier in Berlin.

Und das in eher intimem Rahmen. Wird bestimmt großartig.

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Hotelzimmer

Sie sinkt nicht wirklichAnja – wir wissen nicht, wie sie heißt, aber wir nennen sie so – Anja ist im Badezimmer verschwunden. Jürgen – auch ihn nennen wir einfach so, weil es uns beliebt – steht an der Balkontüre. Draußen sinkt die Sonne in das Wasser der Nordsee, möchte man meinen, doch leider ist bekannt, dass es nur so scheint. Abendrotes Licht verwandelt das Hotelzimmer in einen Ort, der nicht irdisch ist.

Das Bett, zwei ebene Flächen, belegt von bauschigen Kissen und Decken, ordentlich gefaltet. Das Weiß der Laken und Bezüge möchte ein Orange sein. Die Fuge, rotbraun vom sonderbaren Licht, die Fuge zwischen den Hälften könnte eine Grenze sein. Oder eine Kluft verschließen.

Jürgen lauscht dem Plätschern der Dusche, unter der Anja die Augen schließt. Die Tür zum Bad ist angelehnt. Eine Möwe ruft von draußen.

Dienstag, 5. Oktober 2010

Von (emergenten) Theoretikern und (missionalen) Praktikern

chessWir wollen mal ein wenig schwarz-weiß-Malerei betreiben:

Der Theoretiker stellt Fragen. Warum ist das so, wie es ist? Muss das so bleiben, wie es ist? Ist das zwingend so, wie es ist? Was wäre, wenn das nicht mehr so wäre, wie es ist?
Dabei ist es erst einmal gar nicht entscheidend, ob eine Veränderung möglich ist, ob eine Veränderung irgend eine Verbesserung bewirkt. Es geht um das Quer- Weiter- und Nachdenken. Der Theoretiker ist neugierig, hat keine Angst vor Sackgassen und Irrwegen; Erfolg ist für ihn nicht zwingend daran gebunden, ein Ergebnis vorzeigen zu können.

Der Praktiker orientiert sich am Machbaren. Er will etwas erreichen, zum Positiven verändern, seinen Auftrag erledigen; und wenn das bisher Machbare dazu nicht ausreicht, blickt er sich um: Was machen andere, erreichen sie ihre Ziele besser als ich, indem sie anders handeln? Wenn ja, welchen Rezepten, welchen Erfahrungen folgen sie? Kann ich aus ihrem Beispiel lernen und mit meinen Zielen vorankommen?
Erfolg ist für den Praktiker messbar an den Ergebnissen seines Handelns.

Genug schwarz-weiß? Jawohl. Also ab in die Grauzone, aber dalli!

Wahrlich gibt es kaum den Praktiker und den Theoretiker, sondern wir Menschen tendieren entweder in die eine oder in die andere Richtung, mehr oder weniger ausgeprägt. Das führt zu mehr oder weniger ausgeprägten Reibungen. Und das muss noch nicht einmal von vorne herein als missliche Situation verstanden werden.

Es mag sein, dass die »emerging church« in den USA aufgehört hat, zu existieren. Manche schreiben das so nieder. Ich weiß auch nicht, wie es regional in Deutschland aussieht, womöglich ganz anders, aber zumindest in meinem Umfeld ist die »emerging church« nicht des Todes gestorben. Es hat sie nämlich nie gegeben.
Statt dessen gab und gibt es ein »emergentes Gespräch« auf vielfältige Weise. Da wird auf Blogs und in Büchern geschrieben, bei Konferenzen und an Stammtischen diskutiert. Und mancher Mitmensch fragt sich oder die Allgemeinheit, wo denn die praktischen Auswirkungen, die sichtbaren Früchte wären. Jahrelange Diskussionen, gut und schön, aber was ist dabei herausgekommen?
Man könnte nun darauf verweisen, dass missionales Handeln mit emergentem Denken in vielen Aspekten sehr verwandt ist, man könnte darauf hinweisen, dass so manche Kirche und Gemeinde angefangen hat, dort zu sein, wo die Menschen sind, anstatt im sicheren Hort der eigenen vier Wände zu verharren und (vergeblich) darauf zu warten, dass die Ungläubigen hereinströmen. Man könnte auf so manche andere positive Entwicklung, positiv zumindest im Empfinden emergenter Theoretiker, verweisen.

Doch diese Reaktion bleibt weitgehend aus, weil es beim emergenten Dialog gar nicht darum ging und geht, ein neues Rezept, eine To-Do-List mit zehn Punkten vorzulegen. Es geht nicht darum, eine endgültige Wahrheit in Stein zu meißeln. Die Frage, wer Recht hat und wer sich irrt, ist nicht relevant. Und die Definitionen, was eigentlich emergent und was missional ist, sind Legion. Statt schwarz-weiß zu malen verharren emergente und missionale Christen ganz gerne in der Grauzone.

Ich meine, dass wir beide brauchen, die Theoretiker und die Praktiker, und all die Mischformen zwischen den Extremen sowieso. Es wird - wie gesagt, ich rede nur vom mir persönlich vertrauten Umfeld - keine emergente Vorzeigekirche geben. Wenn es eine gäbe, müsste man ihre Praktiken, Regeln, Hierarchien, Ämter und Lehrgebäude umgehend in Frage stellen.

Montag, 4. Oktober 2010

Vom verschobenen Blogbeitrag

Eigentlich wollte ich heute einen Beitrag bringen, der sich mit Theorie und Praxis beschäftigt, aber als ich ihn noch einmal durchlas, schien er mir auf einmal aus einem bestimmten Blickwinkel noch nicht richtig durchdacht.

Also kommt er später. Sobald ich ihn noch einmal überarbeitet haben werde.

Also gibt es heute hier nichts.

Nanu? Da weint jemand?

Huch? Noch jemand weint?

Na gut. Dann gibt es wenigstens den Anfang des verschobenen Beitrages:

Wir wollen mal ein wenig schwarz-weiß-Malerei betreiben:

Der Theoretiker stellt Fragen. Warum ist das so, wie es ist? Muss das so bleiben, wie es ist? Ist das zwingend so, wie es ist? Was wäre, wenn das nicht mehr so wäre, wie es ist?

So. Aus. Mehr dann, wenn es so weit ist. Schluss jetzt.

Sonntag, 3. Oktober 2010

Von Rillen und Nadeln

Eine gewisse Zeit vor dem jährlichen Geburtstag wird man in der Regel von Freunden und Verwandten bezüglich eines Wunsches befragt, denn die schöne Sitte, zum Wiegenfeste etwas zu schenken, hat bis heute alle Wirren der Zeit überdauert. Ich wurde allerdings in diesem Jahr so gut wie gar nicht nach meinen Wünschen gefragt, denn ich hatte bei der Einladung zur 55er Feier den lieben Gästen gleich mit auf den Weg gegeben, dass ich mich über schnöden Mammon in eine Sammlung hineingelegt am meisten freuen würde, da ich mir einen größeren Wunsch erfüllen wollte: Zu meinen mehreren Hundert Schallplatten ein Gerät erwerben, mit Hilfe dessen dem überwiegend schwarzen Vinyl Musik zu entlocken ist.

Erstes Lied, Seite 1

Gestern war ich nun mit der besten aller Ehefrauen einkaufen und kann – nach viele Jahren Zwangspause mangels Plattenspieler -  seit dem späten Nachmittag nun wieder meine Schallplatten genießen. Vielen Dank, ihr lieben Geburtstagsgäste, für eure großzügigen Gaben, die nun langjährige Freude schenken werden. Bei aller Liebe zu Technik und Elektronik ist es doch etwas ganz besonderes und irgendwie unvergleichliches, wenn sich die Nadel senkt und der Genuss beginnt…

Ach ja, noch eine Frage an die ganz schlauen Blogbesucher: Wie viele Rillen muss die Nadel bei einer durchschnittlichen Langspielplatte (ca. 25 Minuten pro Seite) abtasten?

Samstag, 2. Oktober 2010

Verbalinkompetenz

Das verbale Ausdrucksvermögen bezüglich ihrer Emotionen ist bei manchen Zeitgenossen erschreckend eingeschränkt. Wenn die Reporter des Berliner Regionalfernsehens beispielsweise nach einem gelungenen Konzert oder einem Sieg des heimischen Fußballvereins den Besuchern das Mikrophon entgegenhalten, beschränken sich die Äußerungen auf einige wenige Variationen, die überwiegend aus »voll«, »Hammer« und »geil« zusammengesetzt werden, gelegentlich ergänzt mit lautmalenden Spracheskapaden, die niederzuschreiben schwer fällt. Wie buchstabiert man denn »boaaah« oder »wau/wow/woahu/ohwau« und ähnliche Stöhn- oder Heullaute?

Das war voll geil. Es war hammermäßig. Voll der Hammer. Hammergeil.

Der eine und die andere schafft es sogar, mit erweitertem Wortschatz zu glänzen, indem der Begriff »genial« hinzugefügt wird. Die größtmögliche Begeisterung hört sich dann so an:

Echt voll geil, genial der Hammer!

Ähnliche Einschränkungen scheinen beim Ausdruck von negativen Empfindungen zu herrschen.

Ey, voll krass. Hammerkrass. Ey boah ey. Ich bin total daun. Hammermäßig krass.

Manchmal frage ich mich, ob die Gefühle dieser Menschen genauso eingeschränkt sind wie ihre Fähigkeit, Empfingungen auszudrücken.
Dann wären sie ja doppelt zu bedauern, mit doppelter Behinderung. Oder: Das wäre voll der Hammer krass. Boah ey!

P.S.: Ich musste einfach mal wieder losmeckern über den Verfall der Sprache, obwohl ich weiß, dass es gar nichts nützt.
P.P.S.: Ohne die solchermaßen losgewordene Trübsal geht es mir nun besser. Noch nicht voll genial geil, aber auch nicht mehr so hammerkrass.