Sonntag, 26. Juni 2011

Jessika - Die Konfrontation /// Teil 6

Der Blick zurück: [Teil 1] [Teil 2] [Teil 3] [Teil 4] [Teil 5]. Und nun der ziemlich kurze Teil 6:

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Die Polizei, so erzählte uns der Chef des Hotel Klika, war wegen eines Zechprellers gekommen, der samt Familie auf der Terasse zu Mittag gespeist hatte. Der Mann, ein Österreicher dem Akzent nach, hatte die Rechnung verlangt und als der Kellner damit wieder auf die Terasse kam, war die ganze Familie verschwunden.

Wir kündigten unsere Abreise an und versprachen, unsere Rechnungen zu bezahlen, nachdem wir die Koffer gepackt hatten.

Ich war schnell fertig damit, da ich stets mit wenig Gepäck reiste. Zwei Jeans hatte ich bei mir, für jeden Tag ein Hemd oder T-Shirt sowie Unterwäsche, drei Paar Socken, einen Pullover für kühle Abende oder Tage, einen Regenmantel, Sandalen und ein paar feste Schuhe; Zahnbürste und -pasta sowie Rasierapparat, um die Barthaare alle zwei oder drei Tage auf zwei Millimeter zu trimmen. Und natürlich hatte ich stets meinen Computer und meine Kamera dabei sowie das schlaue Mobiltelefon samt Ladegerät. Mehr brachte ich nie mit, denn Handtücher, Seife und Duschgel gab es im Hotel und Kleinigkeiten konnte ich am Urlaubsort kaufen, falls ich welche benötigen sollte.

Recepce hotelu Klika - Reception - die RezeptionIch ging davon aus, dass Jessika länger brauchen würde als ich, aber sie stand schon mit zwei Koffern an der Rezeption, als ich dort ankam. Sie plauderte vergnügt mit dem Inhaber, während sie zahlreiche tschechische Geldscheine abzählte, die sie dann hinüberreichte. Er zählte nach, wobei ich wieder die mirakulösen tschechischen Zahlen zu hören bekam, mit denen ich nie und nimmer im Leben irgend etwas anfangen können würde. »třista, šest set, tisíc…«

Als ich meine Rechnung verlangte, sagte er: »Das hat vaše snoubenka schon bezahlt.«

Ich war etwas ratlos, wer vaše snoubenka sein sollte.

»Du bist mein Gast«, klärte mich Jessika auf.

Ich hatte nicht vor, in Gegenwart unseres Hotelbesitzers einen Streit anzufangen, daher nickte ich und sagte: »So.«

Wir verabschiedeten uns, versprachen, wieder zu kommen und gingen mit unserem Gepäck zum Parkplatz. Mit den Zimmerschlüsseln waren auch die Toröffner nicht mehr verfügbar, aber daran dachte der Chef des Hotels natürlich und öffnete vom Büro aus.

Jessika lud ihr Gepäck in mein Auto und bat mich: »Fährst du mir hinterher, dann bringe ich das Kabrio seiner Besitzerin zurück und wir können gleich von dort aus abreisen?«

»Kein Problem, vaše snoubenka. Was heißt das eigentlich?«

»Frag doch dein schlaues Telefon, da hast du ja eine Übersetzungs-App drauf.«

»Na gut, falls ich später daran denke. Fahren wir?«

»Wir fahren.«

Ich folgte dem Mercedes über die Resslova, die Husova und Branišovská, an der Universität bogen wir rechts ab und hielten vor dem Hochhaus am Ende der Straße. Hier war Budweis nicht historisch malerisch, sondern so langweilig wie viele Städte weltweit, wenn man die Wohngebiete besucht, die nach dem 2. Weltkrieg bis in die 70ger Jahre gebaut wurden. Betonwüsten eben, ab und zu eine kleine Grüninsel dazwischen. Hier immerhin waren die Gebäude vor ein paar Jahren geschmackvoll gestrichen worden, so dass die Gegend nicht allzu trist wirkte.

Wir fuhren mit einem beängstigenden Fahrstuhl in das achte Stockwerk. Die Kabine hatte keine eigene Tür, nur im Treppenhaus waren welche montiert. Ich hielt sorgsam Abstand von den an uns vorbeilaufenden Mauerstücken und Türen, während sich der Lift eher mühsam nach oben bewegte. Das Rumpeln und Schwanken trug nicht zu meiner Beruhigung bei.

»Die Bewohner des Hauses machen sich keine Sorgen, wenn sie den Fahrstuhl benutzen«, erklärte Jessika. »Es ist noch nie etwas passiert, selbst bei Überladung, also wird auch nichts passieren.«

Natürlich fiel mir sofort ein, was ich in einer Erzählung, der zweiten mit Jessika, geschrieben hatte: Eine Familie, Eltern samt drei Kindern, stürzen mit einem ähnlich altertümlichen Fahrstuhl in die Tiefe. Einen Teil meiner Erzählung hatte ich noch wörtlich im Kopf: Er hätte in jedem anderen Gebäude einen solchen Lift misstrauisch gemieden, aber die Macht der Gewohnheit, gepaart mit der Mühsal, acht Stockwerke zu Fuß zu bewältigen, überwog jegliche Bedenken, die gelegentlich bei besonders misstönendem Quietschen aufkamen. Es war zwanzig Jahre lang nichts passiert, also machte er sich wenig Sorgen, wenn er die knarzende Kabine betrat.

Ich fragte: »Wir fahren nachher schon nach Berlin, oder landen wir unten im Schacht?«

Die Kabine hielt mit einem schrillen Quietschen und ich drückte erleichtert die Metalltüre zum Treppenhaus auf.

»Du kannst ja hinunter laufen, wenn du mir nicht traust«, grinste Jessika.

»Die Frage ist, ob ich dieser Technik hier traue.«

»Ach, aber mir vertraust du?«

Wir blieben vor einer Tür stehen, an der Jana Nováková stand. Jessika klingelte.

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Die Frage an die geschätzten Blogbesucher und Geschichtenleser lautet:

Jana Nováková ...
... wollen wir kennen lernen.
... bekommt nur schnell den Schlüssel.
Auswertung

Na denn, frohes Abstimmen! Fortsetzung folgt.

Mittwoch, 22. Juni 2011

Jessika sagt:

image

»Das halten wir jetzt mal fest. So soll es sein.«

Ich sage: »Einverstanden.«

Die ungeduldigen Leser fragen: »Wann geht es denn endlich weiter?«

Jessika antwortet: »Wenn dem Johannes G. Matthia wieder mehr Zeit zur Verfügung steht.«

Ich antworte: »So!«

Die ungeduldigen Leser maulen: »Das dauert viel zu lange!«

Ich merke an: »So.«

Jessika gibt Rat: »Dann sollen die Leser noch mal »Wer bist du, Jessika?« lesen, bevor der Text eines Tages verschwindet, weil aus meiner Geschichte ein Buch wird.«

Ich frage nach: »Deine Geschichte? Wie bitte?«

Jessika grinst und macht sich einstweilen von dannen.

Montag, 20. Juni 2011

Von guten Menschen und Gutmenschen

Foto: WikiCommonsÜber Sinn und Unsinn von Gesprächsrunden (neudeutsch Talkshows) im Fernsehen kann man - muss man eigentlich - geteilter Meinung sein. Die einzige derartige Sendung, die ich einigermaßen regelmäßig verfolge, nennt sich wie die Moderatorin: Anne Will.

Es ist nicht zu erwarten, dass durch solche Sendungen irgend etwas im politischen oder gesellschaftlichen Leben verändert wird. Es ist auch nicht zu erwarten, dass irgend jemand von den Teilnehmern der jeweiligen Diskussion seine bereits mitgebrachte Meinung modifiziert oder ändert. Das einzige, was diese Sendung für mich interessant macht: Man erfährt, was die Teilnehmer zu bestimmten Themen denken und glauben (vorausgesetzt es herrscht Ehrlichkeit). Das kann durchaus aufschlussreich und beispielsweise für künftige Stimmabgaben bei anstehenden Wahlen mitentscheidend sein.

Am vergangenen Sonntag diskutierten Frau Käßmann, Herr Lindner (F.D.P.), Herr Kretschmann (erster grüner Ministerpräsident), ein Philosoph und ein Sänger das Gutmenschentum.

Was ein Gutmensch eigentlich sein soll, wurde nur ansatzweise geklärt. Aber das kann man ja bei Wikipedia nachschlagen. Es ging sowieso eher darum, ob ein Gutmensch sich öffentlich zu Themen seiner Wahl äußern darf oder nicht. Die Tendenz des Philosophen war deutlich: Ein Gutmensch möge gerne seine Meinung, seinen Glauben haben, aber dies bitte nicht öffentlich äußern. Zitat: »Alles, was Sie sagen, Frau Käßmann, ist völlig akzeptabel und bewundernswert, solange es hinter den Mauern der Kirche bleibt und nicht als Politik auftritt.« Herr Lindner immerhin meinte, dass der Anstoß (zu anderem und neuen Denken und Handeln) von allen gesellschaftlichen Gruppierungen gegeben werden darf, und das nicht nur hinter verschlossenen Türen.

Selbst die Auffassung des Philosophen ist zulässig. Mir gefällt sie nicht sonderlich, ich werde sie mir nicht zueigen machen. Gerade die jüngere Geschichte unseres Landes zeigt, dass es gut war, den Protest aus den Kirchen heraus auf die Straße zu bringen - zur Erinnerung: Die deutsche Wiedervereinigung begann mit Gebeten und Gottesdiensten in ostdeutschen Kirchen.

Herr Kretschmann ein Gutmensch ist oder nicht, ob er vor der Wahl einer war und nun als Ministerpräsident seiner Gutmenschlichkeit beraubt wurde, konnte die Gesprächsrunde nicht klären. Es wurde jedoch deutlich, dass er ein realistischer Politiker ist. Obwohl seine Partei und er gegen das Bauprojekt eines neuen Bahnhofs in Stuttgart sind, sind bereits geschlossene Verträge eben zu respektieren. Das lernt man ja schon in der Schule: Pacta sunt servanda.

Frau Käßmann wurde übrigens vorgeworfen, populär zu sein, obwohl sie kein Amt bekleidet. Eine ganz neue Variante, die kannte ich noch nicht.

Also was kann man aus einer solchen Gesprächsrunde am Bildschirm mitnehmen? Kleine Erkenntnisse immerhin, wenn auch keine neuen Einsichten.

Nanu?

Liebe Blogbesucher,

eigentlich sollte hier ein neuer Beitrag stehen - aber die Technik mag zur Zeit irgendwie nicht:


Kennt / hat jemand das gleiche Problem mit Live Writer?

Donnerstag, 16. Juni 2011

Jessika-die Konfrontation /// Teil 5

Der Blick zurück: [Teil 1] [Teil 2] [Teil 3] [Teil 4]. Und nun Teil 5:

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Ich hatte eigentlich noch drei Tage Urlaub vor mir, das Hotel war entsprechend gebucht. Wäre ich mir über meine Situation klar gewesen, hätte ich einigermaßen verstanden, was vor sich ging … womöglich wäre ich in Budweis geblieben. Aber es waren so viele Unwägbarkeiten vorhanden, dass ich beschloss, nach Hause zu fahren. Ich hatte nichts verbrochen, abgesehen davon, dass ich nach dem Tod des Mädchens nicht sofort die Polizei gerufen hatte – und abgesehen davon, dass ich Jessika und das Opfer sozusagen an den Tatort geschrieben hatte. War so etwas strafbar? Welches Gericht würde darüber befinden wollen oder können?

Wenn ich das Geschehen seit Jessikas Auftauchen in einer Erzählung gelesen hätte, wäre ich versucht gewesen, dem Autor schreiben: Ganz ehrlich, der Plot ist schon reichlich schräg!

Ich erinnerte mich an UR, eine Geschichte, die Stephen King für den Amazon Kindle geschrieben hatte. Wesley, ein Lehrer, bekommt statt des normalen grauen Kindle ein Gerät, das aus einem anderen, parallelen Universum stammt. Das Lesegerät hat ein Menü, das den Zugang zu diversen, parallel und unabhängig von einander existierenden Wirklichkeiten gestattet. Wesley liest auf dem Bildschirm Ur Local is protected by all applicable Paradox Laws. Do you agree? Y N, bevor ihm Realität und Fiktion verschmelzen. Diese Frage hatte mir niemand gestellt. Jessika war einfach aufgetaucht. Ich kannte die Paradox Laws genauso wenig wie Wesley. Und ob es mir nun gefiel oder nicht, ich hatte es nicht mit einem Buch, sondern mit meinem Leben zu tun. Und mit der Möglichkeit, dass die Polizei nach mir suchen würde. Mochte auch der Panamahut mein Gesicht verdeckt haben, so war doch Jessika sicher gut zu erkennen, falls die Kameras auf dem Turm in Betrieb waren. Die Angestellten im Hotel hatten uns gemeinsam beim Abendessen und beim Frühstück gesehen. Meine Personalien waren bekannt, Jessika hatte vermutlich mit ihren unerschöpflichen Vorrat an gefälschten Papieren ihr Zimmer gebucht und war somit in der Lage, einfach zu verschwinden – während ich immerhin damit rechnen musste, dass die deutsche Polizei bei mir auftauchte, falls die tschechischen Behörden auf mich als Zeugen des Mordes kamen. Fragen wären zu beantworten, Zeugenaussagen zu machen, Erklärungen zu geben, warum ich zugesehen hatte, warum ich die Behörden nicht verständigt hatte, woher ich die Tatverdächtige kannte, was ich über sie wusste …

»Nun gut, ich reise auch ab«, sagte ich schließlich.

Wir schlenderten zurück zum Hotel. Der Nachmittag war angenehm warm, die Straßen belebt, heitere Stimmung herrschte ringsum. Ein Urlaubstag, wie man ihn sich nur wünschen konnte. Unter anderen Umständen zumindest.

»Der Mercedes bleibt in Budweis«, sagte Jessika. »Er gehört einer – äh – einer Verwandten. Kann ich mit dir fahren?«

»Wohin willst du denn? Palermo? Paris? Panama?«

Sie lachte und sang: »Berlin Berlin, wir fahren nach Berlin!«

»So.«

»Na klar, und das wusstest du auch schon.«

»So.«

»Wenn du mich nicht mitnehmen willst, nehme ich einen Leihwagen, oder ich könnte auch ein Auto annektieren, damit nach Prag fahren und dann fliegen.«

»So.«

Wir gingen am Schwimmbad vorbei, unser Hotel kam in Sicht.

»Falls ich mit dir fahren darf, beteilige ich mich natürlich an den Benzinkosten.«

»So.«

Jessika blieb stehen und hielt mich am Arm fest. Sie blickte über das Wasser zum Hotel und murmelte: »Das kommt jetzt aber sehr ungelegen.«

Ein Polizeifahrzeug hielt neben dem Eingang, zwei Uniformierte stiegen aus und betraten das Klika.

»Vielleicht wollen die ja nur ein Bierchen trinken?«, mutmaßte ich, ohne mir selbst zu glauben.

»Du kannst also doch noch mehr sagen als ein einsilbiges Wort. Das freut mich.«

»So.«

»Johannes! Noch ein einziges so und ich werfe dich auf der Stelle hier in den Fluss.«

Eingedenk ihrer Kräfte wollte ich das nicht riskieren und antwortete: »Ach.«

»Blödmann.«

»Ja.«

Wir bogen links auf die Terrasse des Hotel Budweis ab, von dort konnten wir das Klika sowie das geparkte Polizeiauto im Blick behalten. Ich hoffte, dass die Anwesenheit der Beamten nichts mit uns beziehungsweise der Leiche auf dem schwarzen Turm zu tun hatte. Jessika war – zumindest ging ich davon aus – bewaffnet, und wenn es darum ging, ihre Haut zu retten, nahm sie keine Rücksicht auf Menschenleben. Falls sie, wie auch immer das zugehen mochte, tatsächlich die Person war, die ich für meine Erzählungen erfunden hatte. Falls nicht, dann war es um meine mentale Gesundheit schlecht bestellt.

Wir bestellten Bier und warteten ab. Nach einer viertel Stunde traten die Polizisten zusammen mit dem Chef des Hotels vor die Türe. Sie blieben ein paar Minuten stehen und plauderten miteinander, dann wurden Hände geschüttelt und der Streifenwagen fuhr davon.

»Wenn du das hier schreiben würdest«, fragte Jessika, »wäre die Polizei dann wegen uns hier gewesen oder nicht?«

Ich trank den letzten Schluck aus meinem Glas. Was würde ich an dieser Stelle schreiben, wenn dies eine Geschichte und nicht die Realität wäre? Beide Varianten hatten einen gewissen Reiz, ließen Spielraum für den weiteren Fortgang. Schließlich antwortete ich: »Wenn das eine Fortsetzungsgeschichte auf meinem Blog wäre, dann bekämen jetzt die Leser wieder einmal Gelegenheit zum Mitmachen. Ich würde die Frage zur Abstimmung stellen und dann je nach Leservotum weiter schreiben.«

Sie sagte trocken: »So.«

»Ich hätte eine Präferenz, aber meinen selbst aufgestellten Regeln folgend läge die Entscheidung bei den Lesern.«

»So.«

»Es sei denn, es ginge unentschieden aus. Dann müsste ich selbst wählen.«

»So.«

»Aber das hier ist ja keine Erzählung, leider. Also müssen wir wohl oder übel früher oder später die Rezeption aufsuchen und unsere Abreise ankündigen.«

»So.«

»Und dann wird sich zeigen, ob der Chef die Polizei holt, während wir die Koffer packen, oder nicht.«

»So.«

»Wenn du jetzt noch einmal so sagst, dann … äh … dann …«

»Was dann?«

»Dann darfst du mit mir im Dodge Nitro nach Berlin reisen.«

»So.«

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Die Frage an die geschätzte Leserschaft liegt ja nun sehr sehr nahe:

Die Polizei kam ...
... wegen des Mordes auf dem schwarzen Turm.
... aus einem ganz und gar anderen Grund.
Auswertung

Fortsetzung? Folgt.

Dienstag, 14. Juni 2011

Vom geilen Hammer

Hammer EggVielleicht könnten unsere politischen Parteien der ständig sinkenden Wahlbeteiligung entgegenwirken, wenn sie dem sowieso unaufhaltsam fortschreitenden Verfall jeglicher Sprachkultur Vorschub leisten und ihre Broschüren, Plakate und sonstigen Werbemaßnahmen dem Umgangston der potentiellen Wähler anpassen würden?

Zum Beispiel:

  • Mach mit beim geilsten Voten des Jahres!
  • Hammer krass! Du darfst voten!
  • Voll geil: Voten für die Zukunft!
  • Echt die geilste Partei!
  • Tschaaakaaaa! Voten für die hammer geilen Typen!

Nach Belieben kann man ja viele Ausrufezeichen hinzufügen statt nur eines, auch die Schreibweise von Boaaaah und Wow  und Tschaaakaaa ist variabel zu gestalten. Meinen Beobachtungen zufolge darf Hammer und krass zusammengeschrieben werden, so wie überhaupt gängige Regeln der Grammatik und Rechtschreibung außer Acht bleiben, das gilt auch für die Groß- und Kleinschreibung. Der Hammer kann durchaus als hammer auftauchen und dabei Geil sein.

Hauptsache, die Vokabeln hammer, geil und voten, gern in Kombination mit voll, kommen reichlich zum Einsatz – dann wird die Zahl der Nichtwähler sicher zügig schrumpfen.

Montag, 13. Juni 2011

Gastbeitrag Friedrich Rückert: Der Nachtigall Pfingstgesang

Nachtigall von WikiCommonsZu Pfingsten sang die Nachtigall
nachdem sie Tau getrunken;
die Rose hob beim hellen Schall
das Haupt, das ihr gesunken!
O kommt ihr alle trinkt und speist,
ihr Frühlingsfestgenossen,
weil übers ird'sche Mal der Geist
des Herrn ist ausgegossen.
Die Himmelsjünger groß und klein
sind von der Kraft durchdrungen,
man hört sie reden insgemein
zu wunderbaren Zungen.
Und da ist kein Zung' am Baum
Kein Blatt ist da so kleines,
es redet auch mit drein im Traum
als sei's voll süßen Weines.
Oh, Ihr Apostel gehet aus
Und predigt allen Landen
mit Säuselluft und Sturmesbraus
von dem, der ist erstanden!
Legt aus sein Evangelium,
auf Frühlingsau'n geschrieben,
daß er uns lieben will darum,
wenn wir einander lieben.
Wer liebend sich ans nächste hält
Und will nur das gewinnen,
umfaßt darin die ganze Welt,
und Gott ist mitten drinnen!
.

Freitag, 10. Juni 2011

Kleiner Klick bringt große Freude

Viele meiner Erzählungen und Sachtexte verschenke ich bekanntlich, sei es auf diesem Blog, sei es auf jenem Blog, sei es als kostenloses E-Book. Das tue ich gerne und ich freue mich über mancherlei Lob und Tadel, Fehlerhinweise und andere Reaktionen.

Jedoch: Der Mensch lebt nicht vom Verschenken allein. Obwohl ich vom Schreiben nicht leben kann und muss, ist das Einkommen durch meine Bücher als bescheidener Zusatzverdienst sehr willkommen.

Bei Amazon ist die Zahl der (positiven) Bewertungen für viele Kunden ein Anreiz, ein Buch zu kaufen - daher gestatte ich mir die Bitte an meine Leser, die bei Amazon Kunden sind: Macht mir die Freude, soweit ihr eines oder mehrere meiner Bücher gelesen habt, ein paar Sternchen zu vergeben und mit tadelnden oder lobenden Worten (es reicht ein Satz, viele Sätze gehen auch!) eine kurze Rezension zu hinterlassen. Das kostet euch nichts und mir ist geholfen.

Hier die direkten Links:

Liebe und Alltag: 16 ErzählungenEs gibt kein Unmöglich!: RomanSabrinas GeheimnisWenn die Nacht vom Himmel fälltGänsehaut und Übelkeit: ErzählungenIch aber habe für dich gebetet. Eine Gebetsreise durch das Neue Testament

Ich bedanke mich sehr herzlich und ganz artig!

Mittwoch, 8. Juni 2011

Jessika-die Konfrontation /// Teil 4

Die Abstimmung zur vorigen Folge hatte ja nichts mit dem Fortgang zu tun – aber nun weiß ich, dass nur ein Viertel derer, die sich beteiligt haben, beim Schwimmen grundsätzlich den Körper mit Textilien auszustatten pflegt. Das ist doch auch eine feine Erkenntnis. Falls mich mal jemand von euch beim Baden erwischt, kann ich an der Reaktion vielleicht erkennen, ob der oder die Erwischende zu besagtem Viertel gehört.

Bevor es (mit einer wiederum eher langen Fortsetzung) weitergeht, hier wie üblich der Hinweis auf das, was bisher geschah: [Teil 1] [Teil 2] [Teil 3]

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Um 9 Uhr ging ich hinunter zum Frühstücksbuffet. Ich nahm an, dass Jessika nicht wesentlich früher als ich aufgestanden war. Ob sie frühstücken würde, ob ich sie überhaupt sehen würde, wusste ich nicht, da ich nichts darüber geschrieben hatte. Und selbst wenn – das Experiment musste ja erst noch stattfinden. Es blieb abzuwarten, was der Tag, insbesondere der Mittag bringen würde.

Ich ließ mir das Rührei mit Schinken schmecken und schaute dabei meinen Mail-Eingang auf dem schlauen Mobiltelefon durch. Hier unten im Restaurant war das hoteleigene W-LAN stark genug. Es waren keine persönlichen Mails eingegangen, lediglich Reklame von Amazon und ein paar ähnliche Werbesendungen. Ich schaute bei Facebook nach, was meine sogenannten und wirklichen Freunde zu vermelden hatten. Einer von ihnen hatte endlich seinen Roman »Sabrinas Geheimnis« für den Kindle veröffentlicht, ein paar Wochen zuvor hatte ich mich bei der Abstimmung über zwei Titelbildentwürfe beteiligt – zu meiner Belustigung wählte er dann schließlich ein ganz anderes Bild. Ich beschloss, den Roman zu kaufen, da mir sein voriges Kindle-Buch spannende Unterhaltung beschert hatte. Während ich noch die Bestellung durchführte, was mit dem Mobiltelefon etwas umständlicher war als mit einem PC oder direkt mit meinem Kindle, setzte sich Jessika an meinen Tisch. Sie drückte mir einen Kuss auf die Wange und strahlte mich an: »Guten Morgen, Johannes.«

»Moin! So gut gelaunt und schon ausgeschlafen?«

»Allerdings. Warum auch nicht.«

Ich fragte: »Soll ich dir einen Kaffee mitbringen? Oder sonst was vom Buffett?«

»Gerne. Essen will ich nichts, aber ein Schuss Koffein kann nichts schaden.«

Ich stand auf und brachte zuerst zwei Tassen Kaffee zu unserem Tisch, dann ging ich für mich noch Rohlíky, Butter, Wurst und Käse holen.

»Früher«, sagte ich, als ich wieder Platz genommen hatte, »habe ich lauter ungesunde Sachen gegessen. Tomaten, Salat, Gurken, Sprossen sogar.«

»Ich glaube nicht, dass in Tschechien norddeutsches Gemüse auf dem Markt ist.«

»Glaube ich ja auch nicht. Vielleicht hole ich mir ja noch eine Tomate. Nachher.«

Während ich meinen Teller leerte, las Jessika in einer tschechischen Zeitung die neuesten Nachrichten. Es sei nichts sonderlich Aufregendes passiert, erklärte sie mir, ein gewisser Herr Strauss-Kahn halte sich für unschuldig, die deutsche Regierung habe der französischen Wirtschaft unter die Arme gegriffen, indem sie den deutschen Atomausstieg verabredet habe, in den üblichen Krisengebieten herrschten die üblichen Krisen. Und, so erklärte sie erfreut, die Sprossen waren auch nicht für EHEC verantwortlich. Man würde, so las sie, mit der Suche nach der Quelle von vorne anfangen müssen. Sie legte die Zeitung beiseite, füllte unsere Kaffeetassen nach und brachte mir einen Teller mit zwei Tomaten.

»Gerade Männer sollten auf Tomaten nicht verzichten«, erklärte sie mir.

»Ich weiß. Wegen des Krebses.«

Aus ihrer Handtasche kramte sie Zigaretten und Feuerzeug hervor und meinte: »Schön, dass du nicht wegen dem sagst. Ich mag sprachschlampige Menschen nicht sonderlich gerne leiden.«

Sie wartete, bis ich die Tomaten verspeist hatte und steckte dann zwei Zigaretten an, eine reichte sie mir.

»Danke«, sagte ich, »das kompensiert dann die Tomaten.«

»Umgekehrt.«

Wir rauchten genüsslich. Kaum hatten wir die Zigaretten ausgedrückt, war die Kellnerin mit einem frischen Aschenbecher zur Stelle.

Jessika trank den letzten Schluck aus ihrer Tasse und fragte: »Hast du Lust auf einen Altstadtbummel?«

»Gerne.«

»Gehen wir so in zehn Minuten los? Ich hole meine Kamera, ich will ein paar Aufnahmen machen.«

»Und vorher noch mal aufs Klo gehen, prophylaktisch.«

»Wogegen ja nichts spricht, oder?«

»Natürlich nicht. Hier besteht ja wohl nicht die Gefahr, dass du statt zu pinkeln zwei Männer erschießt.«

»Was sein muss, muss sein«, grinste sie und stand auf. »Also in zehn Minuten vor dem Hotel.«

Ob sie das Erschießen von Männern oder das Pinkeln gemeint hatte, blieb mir verborgen.

 

Bis 11:20 Uhr war ich mir nicht sicher, ob mein Experiment funktionieren würde. Wir schlenderten durch die Gassen der bezaubernd schönen Altstadt, Jessika fotografierte, machte auch eine Aufnahme von mit zwischen den Figuren eines Kunstwerkes, wir betrachteten die Auslagen einiger Geschäfte, alles ohne Ziel oder Eile. Um zehn vor halb Zwölf strebte sie dann zügig dem Marktplatz zu.

»Wohin denn nun?«, fragte ich.

Der schwarze Turm in Budweis»Ich hätte Lust, auf den schwarzen Turm zu steigen. Bestimmt hat man da einen tollen Blick über Budweis.«

Ich kannte den Blick, war mehrfach auf dem Turm gewesen. Damit war mein Experiment ja nun gelungen. Wir stiegen nach oben. Es waren kaum Menschen auf den 360 Stufen unterwegs, eine Gruppe von kamerabehängten Japanern begegnete uns, ein junges Pärchen kam uns entgegen. Hinauf wollte gerade niemand, jedenfalls sah ich keine weiteren Personen vor oder hinter uns beim Aufstieg. Oben angekommen gingen wir einmal rings um den Turm und stellten fest, dass wir allein waren, abgesehen von einem blassen, schmächtigen Mädchen, es mochte zwölf Jahre oder jünger sein. Es saß auf einer Stufe und weinte. Der kleine Körper bebte, wenn das Schluchzen stärker wurde. Jessika setzte sich neben das Mädchen und legte den rechten Arm um seine Schultern. Sie flüsterte etwas. Das Kind nickte. Jessika legte ihre linke Hand auf die bleiche Stirn und drehte den Kopf des Kindes so, dass es ihr direkt in die Augen schauen konnte. Sie flüstere wieder ein paar Worte und küsste die Tränen von den Wangen. Ich stand rund drei Meter entfernt und war vor lauter Verwirrung unfähig, irgend etwas zu tun.

Warum sitzt hier ein Mädchen im roten Kleid? Das habe ich nicht gewollt …

Der Blick des Kindes war vertrauensvoll auf Jessika gerichtet, sogar ein leichtes Lächeln erschien endlich auf den Lippen. Wie eine fürsorgliche Mutter ihr Kind tröstet, so behutsam ging Jessika mit der Kleinen um. Das Schluchzen hatte aufgehört, die Tränen waren versiegt. Das Kind erzählte mit leiser Stimme, Jessika hörte zu, nickte, lächelte und strich ihm mit ihrer Hand über die Stirn, den rechten Arm noch immer schützend um den schmächtigen Körper gelegt.

Mit einem plötzlichen Ruck, der Jessikas verborgene Kraft ahnen ließ, brach sie dem Mädchen das Genick. Sie hielt die Leiche im Arm. Ich sah, dass Tränen auf das rote Kleid des Kindes tropften. Jessika drückte dem Mädchen noch einen Kuss auf die Stirn und legte den Körper dann behutsam neben die Balustrade.

»Komm, wir gehen«, sagte sie mit einer müden Stimme, die nicht ihr zu gehören schien. »Ich möchte wieder unten sein, bevor jemand auf den Turm kommt.«

 

Wir saßen am Ufer und schauten den Enten zu, die gemächlich ohne erkennbares Ziel hin- und herschwammen. Ich hatte noch Mühe, mit dem Erlebnis fertig zu werden. Immerhin hatte ich tatenlos zugesehen, wie ein Mensch ermordet wurde. Hätte ich damit rechnen müssen? Die Szene war so friedlich gewesen …

Jessika war bleich, in sich zusammengesunken. Sie starrte auf das Wasser. Ihre Hände waren zu Fäusten verkrampft.

»Die Kinder, die machen mir meine Aufgabe zur Last«, sagte sie schließlich. Es waren ihre ersten Worte, seit wir den černá věž hinter uns gelassen hatten.

»Und wenn du das Mädchen am Leben gelassen hättest?«, fragte ich.

»Dann hätte Jana, so hieß die Kleine, ihre Schmerzen noch ein halbes Jahr lang aushalten müssen, vielleicht noch länger, immer schlimmer, immer unerträglicher, bis sie dann irgendwann qualvoll an ihrem Gehirntumor gestorben wäre.«

»Hat sie dir das erzählt?«

»Nein. Das wusste ich schon, als ich sie in den Arm nahm. Wie fast immer, wenn ich einen Auftrag habe, sehe ich beim Kontakt den Anlass. Sie hat mir nur gesagt, dass sie auf den Turm gestiegen ist, um sich in die Tiefe zu stürzen, aber der Mut hat sie verlassen, weil man ihr beigebracht hat, dass Selbstmörder in der Hölle landen. Das Leiden hier abzukürzen, um dann eine Ewigkeit in einem feurigen Pfuhl zu schmoren, das konnte sie nicht.«

Ich war entsetzt. »Wer sagt denn so etwas zu einem Kind?«

Jessika sah mir in die Augen. »Ihr Menschen, ihr sagt solche Sachen.«

»Ich nicht. Niemals.«

»Ihr Menschen, ihr steuert Flugzeuge in Hochhäuser, baut Konzentrationslager, erfindet Waffen, die ihr gar nicht kontrollieren könnt. Ihr haltet Sklaven, auch heute noch, damit ihr billige Textilien in euren Geschäften habt. Ihr lasst in Afrika Menschen verhungern und kippt hier tonnenweise Lebensmittel auf den Müll. Und zur Beruhigung macht ihr euch ein Bild von Gott, ob er nun Allah heißt oder Jehova, Zeus oder Teutates, das es euch erlaubt oder sogar gebietet so zu handeln. Damit seid ihr die Verantwortung los. Ganz billig. Zu billig.«

Ich sah keinen Anlass, zu widersprechen. Das abgedroschene Argument, dass man nicht alle in einen Topf werfen kann, dass es immer Menschen gegeben hatte, die nicht mitmachten, sogar aufbegehren, war viel zu schal. Die Menschheit hatte über Jahrtausende bewiesen, dass sie zu einem friedlichen und gerechten Leben nicht fähig war. Ich schwieg.

Jessika streckte die Hand ins Wasser, ein Entenküken paddelte eilig herbei. Sie nahm das kleine Wesen behutsam heraus. Endlich sah ich wieder ein Lächeln in ihrem Gesicht. Sie strich dem Küken mit den Fingerspitzen über den Kopf, flüsterte ihm etwas zu und ließ es wieder in den Fluss gleiten.

»Ihr habt Gott nie verstanden«, fuhr sie fort, »aber das ist euch nicht einmal vorzuwerfen. Das kleine Entenbaby versteht mich auch nicht, wenn ich ihm etwas ins Ohr sage.«

»Wenn … also nur mal angenommen …« - ich wusste noch nicht recht, wie ich meine Frage formulieren sollte. Ich war mir der Absurdität meiner Situation bewusst. Ich unterhielt mich gerade mit einem für meine Erzählungen erdachten Wesen, als wäre auch ich eine fiktive Figur in meinem Roman. Ich hatte mit ein paar nächtlichen Zeilen auf meinem Computer den Tod eines zwölfjährigen Mädchens herbeigeführt – was in einem Roman oder einer Kurzgeschichte durchaus zulässig war, aber dies hier war nun einmal eindeutig die Realität.

Und ein Traum ist das übrigens auch nicht. Kein Traum kann so lange anhalten.

Ich setzte erneut an. »Wenn du Nitzrek, der doch so etwas wie ein Gott, oder zumindest ein übernatürliches Wesen ist, widersprechen würdest, dich weigern würdest, einen bestimmten Menschen zu töten, was dann?«

»Sollte Jana denn noch sieben, acht Monate immer grausamer leiden, um schließlich unter größten Qualen aus dem Leben zu scheiden? Fändest du das besser?«

»Das ist jetzt nicht meine Frage. Ich meine das generell.«

»Ich hatte bisher nie einen Anlass zum Widerspruch. Manchmal bin ich sehr traurig, wie heute, aber nur ein einziges Mal fiel es mir schwer, meine Aufgabe zu erfüllen. Da ging es um Bernd, du kennst ja die Geschichte, da du sie niedergeschrieben hast. Es war das einzige Mal in den hunderten von Jahren, die ich jetzt schon auf der Erde lebe, dass ich für einen Menschen so viel empfunden habe. Aber auch bei Bernd gab es keinen Zweifel für mich, dass sein Abscheiden aus dieser Welt richtig war.«

»Ich habe damals aber keinen Grund aufgeschrieben, warum Bernd nicht überleben, nicht mit dir leben durfte. Es war einfach so, dass Jessika – dass du ihm in der letzten Szene die Kehle durchschneidest. Ohne weitere Erklärung.«

»Weil du mich für böse hieltest. Für eine Art tödliche Gefahr. Du hast aus mir so etwas wie ein Monster gemacht.«

Ich nickte. Damals hatte ich geschrieben:

Sie bewegte sich etwas stärker, schneller, als sie spürte, dass sein Orgasmus kurz bevor stand. Im Augenblick der höchsten Lust, schnitt sie ihm mit einer gekonnten und raschen Bewegung die Kehle durch, tief und tödlich, er litt nicht, er begriff nicht einmal mehr, was geschah.

»Du hast es verdient, so glücklich zu sterben.« flüsterte sie und strich ihm liebevoll über die Wangen. »Ich werde noch lange an dich denken.«

Und zwei, drei Absätze weiter hieß es in meiner Geschichte:

Jessika schlenderte über den Kurfürstendamm. Sie dachte an Bernd. Er war ihr schwerster Fall gewesen, denn sie hatte zum ersten Mal erlebt, was wahre Liebe sein konnte. Sie lächelte wehmütig.

»Vielleicht bist du nicht tot, Bernd. Vielleicht denkt sich jemand uns beide aus und holt uns irgendwann wieder hervor für ein neues Leben.«

Ihr Gesicht wurde drohend und hart. Sie blickte mich finster an. »Und wage es ja nicht, nur Bernd zurückzuholen! Wage es nicht!«

Ich speicherte am Freitag, dem 23. April, das letzte Kapitel der Geschichte und stellte die Publizierung im Blog auf Montag, 26. April, 01:01 Uhr ein. Ich las noch einmal die ersten Teile, dann den Schluss. Das bestärkte mich in meinem Beschluss, den Namen Jessika aus meinem Wortschatz zu streichen. Sie hatte mir Angst gemacht, echte Angst. Sie hatte mich fasziniert. Elvis fiel mir ein: You look like an angel, talk like an angel … but I got wise: You’re the devil in disguise.

Die Geschichte hatte sich selbst geschrieben, fast ohne mein Zutun, gelenkt auch von den Leserabstimmungen, aber auf jeden Fall ohne Mühe. Jetzt hatte ich jedoch die Nase voll von Jessika und ihrem Treiben.

Es stimmte, damals war sie für mich ein gefährliches Wesen, ein Monster, etwas sehr Böses. Ich legte meinen Arm um Jessikas Schultern und sagte: »Ich kannte dich noch nicht, oder zu wenig. Ich war noch auf der Suche. Immerhin habe ich deinen Namen dann doch nicht aus meinem Wortschatz gestrichen. Und mit den letzten Sätzen ein wenig vorweggenommen, was jetzt und hier passiert, ohne dass ich es verstehe. Sie blickte mich finster an … - da warst du  doch schon für einen Moment real, anwesend, echt.«

»Ich bin so einsam«, flüsterte sie.

Dann richtete sie sich entschlossen auf, strich sich über das Kleid, als wolle sie die melancholische Stimmung abschütteln. »Es ist gut«, sagte sie, »dass du deinen Hut getragen hast. Die Kameras auf dem Turm sind so hoch angebracht, dass man dein Gesicht auf den Aufnahmen nicht erkennen kann. Dennoch sollten wir Budweis verlassen, bevor die Suche los geht.«

Eine Kamera war mir nicht aufgefallen. Wenn Jessika recht hatte, war es tatsächlich höchste Zeit, abzureisen.

Ich stand auf und fragte: »Bist du sicher, dass da eine Überwachung installiert ist?«

»Alle vier Seiten werden überwacht, die Kameras sind an den vier Ecken über dem Weg um den Turm installiert. Vielleicht war die Anlage nicht in Betrieb, denn Nitzrek würde niemals einen Ort oder einen Zeitpunkt wählen, der mich in ernste Gefahr bringt. Aber sicher ist sicher, ich jedenfalls werde jetzt abreisen.«

Ich hatte es mir wohl etwas zu leicht gemacht mit meinem Experiment, keinen Gedanken daran verschwendet, dass ein solch exponierter öffentlicher Platz für meine Idee so ziemlich der ungeeignetste Ort war. Ich hatte allerdings auch nicht damit gerechnet, dass dort ein zwölfjähriges Mädchen sitzen würde; mir war es nur darum gegangen, herauszufinden, ob Jessika zur aufgeschriebenen Zeit auf den Turm wollte.

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Und nun möchte ich gerne von den Lesern die Entscheidung, wo es mit der Geschichte weiter geht.

Na das ist doch klar:
Wir bleiben in Budweis.
Wir fahren nach Berlin.
Man macht sich ja keinen Begriff.
Auswertung

Fortsetzung? Ist noch nicht geschrieben, folgt aber. Erst mal seid ihr alle dran, ein Mausklick auf die gewünschte Antwort genügt.