Mittwoch, 22. Dezember 2010

Jessika – ein Verhängnis /// Teil 3

Nun hat das Warten ein vorläufiges Ende, und das Quengeln wird belohnt. Jessika darf weiter ihr (Un)-wesen treiben. Da freut sich der eine oder die andere unter den Blogbesuchern.

Wer nicht mehr so ganz in Erinnerung hat, was bisher geschah oder die ersten Teile noch nicht gelesen hat, tut gut daran, zunächst hier zu klicken: [Teil 1] /// [Teil 2]

So. Nun aber:

------ ------ ------

Am nächsten Morgen war sich Jessika noch unschlüssig, ob sie Parma sofort verlassen oder eine eine Gelegenheit suchen sollte, sich des nächtlichen Besuchers zu entledigen. Der verblichene Signore Di Stefano machte ihr keine Sorgen, niemand konnte, soweit Jessika wusste, eine Verbindung zu ihr herstellen, abgesehen natürlich von Johannes. Der hatte aber offensichtlich keine Intentionen, sein Wissen mit den Behörden zu teilen. Er wollte sie kennen lernen, hatte er gesagt. Und war dennoch aufgebrochen und verschwunden.

Jessika stand auf und ging ins Bad, um sich eine heiße Dusche zu gönnen. Die Beretta hatte sie nicht wieder hinter der Lüftungsklappe versteckt, sondern zu der Bibel in die Schublade des Nachttisches gelegt. Es hätte ja sein können, dass Johannes – oder falls er doch die Polizei informierte anderer ungebetener Besuch – in ihr Zimmer eindrang. Noch einmal wollte sie nicht unvorbereitet sein.

Sie betrachtete aufmerksam ihr Spiegelbild, bevor sie unter die Dusche trat. Du siehst gut aus, und du wirst einfach nicht älter. Gut so. Sie ließ ihre Hände über ihren Körper gleiten, war zufrieden, dass ihr Fleisch nicht welk werden wollte, ihre Brüste waren fest, der Bauch flach, die Schenkel schlank und nirgends fand sich auch nur ein Hauch von Cellulite. Wie kräftig ihre Muskeln waren, konnte niemand auf Anhieb ahnen, denn sie sah keineswegs aus wie manche Frauen, die sich im Bodybuilding versuchten. Signore Di Stefano hatte die Kraft zu spüren bekommen, aber vermutlich kaum zur Kenntnis genommen in seinen letzten extatischen Sekunden auf dieser Erde. Bleib, wie du bist, zwinkerte sie ihrem Spiegelbild zu. 18 til I die!

Jessikas Fuß - Bild von sxc.huJessika drehte das Wasser an und genoss die Hitze auf ihrer Haut, das Prasseln, den Dampf, der schnell das Badezimmer in eine Nebelhöhle verwandelte. Sie ließ sich Zeit, dann griff sie zum Rasierer und sorgte dafür, dass ihre Körperhaare keine Chance hatten, überhaupt als Stoppeln sichtbar zu werden. Sie dachte zurück an Bernd, der war genauso glatt rasiert wie sie und hatte oft mit einem verschmitzten Zwinkern gefragt, ob sie Lust auf einen Smoothie hatte. Dass damit kein Getränk gemeint war, wussten beide. Bernd … er fehlte ihr. Mehr und mehr kam sie zu dem Schluss, dass sein Tod ein Fehler gewesen war. Leider konnte sie diesen Fehler nicht rückgängig machen.

Sie drehte den Wasserhahn zu und fand im dichten Nebel ihr Badetuch. Während sie sich abtrocknete, ging ihr Bernd nicht aus dem Sinn. Die Erinnerung an seine liebevollen Augen, seinen offenen Blick, den er so gut wie nie von ihr abwandte, wenn sie sich liebten. Die Erinnerung an das vertraute und doch immer wieder aufregende Gefühl, wenn sie eng umschlungen Haut auf Haut spürten und genossen. Bernd …

Jessika trat in ihr Zimmer, das nach der Hitze im Bad kühl erschien, obwohl die Temperatur in der Nacht angenehm für ihre bloße Haut gewesen war, der Decke hatte sie sich im Schlaf entledigt. Sie zögerte. Sollte sie sich anziehen und zum Frühstück nach unten gehen oder sich mit den Gedanken an Bernd noch eine Zeit des Verwöhnens und der Entspannung gönnen? Keine Termine drängten, niemand wartete auf sie.

Als sie vierzig Minuten später in den Frühstücksraum trat, sah sie Johannes am Fenster sitzen, eine Tasse Latte Macchiato stand vor ihm. Er lächelte ihr entgegen als sei seine Anwesenheit hier das Natürlichste der Welt und deutete einladend auf den zweiten Stuhl am Tisch. Jessika hätte fast den Kopf geschüttelt und sich einen anderen Platz gesucht, aber die Wirtin kam gerade aus der Küche und rief freudestrahlend: »Signora Jessika, finalmente! Alla buonora! Era ora!« Sie deutete auf Johannes: »Il signore personifica la pazienza!«

Nun der Wirtin zu erklären, dass sie jenen Herrn nicht kannte und dass er nicht ausgerechnet auf sie gewartet haben konnte, war sinnlos. Jessika setzte sich und Johannes strahlte sie an: »Guten Morgen! Du siehst blendend aus. Gut erholt und entspannt?«

Seine gute Laune war ansteckend, außerdem fühlte Jessika sich ja tatsächlich rundum wohl und zufrieden. Sie lächelte ihn an und erwiderte: »Auch guten Morgen. Hast du etwa hier auf mich gewartet? Schon länger?«

»Der Kaffee ist gut und die Wirtin plaudert gerne. Die Zeit ist mir nicht lang geworden.«

»Die Wirtin ist eine chiacchierona. Wie lange sitzt du denn schon hier?«

»Etwa eine Stunde. Ich hatte dich ursprünglich früher erwartet, aber der Genuss vor dem Frühstück hat dir sichtlich gut getan. Und gesund ist ein Orgasmus bekanntlich für den ganzen Organismus, da sind sich alle Forscher einig.«

Jessika versuchte, sich ihre Verwirrung nicht anmerken zu lassen. Hatte er an ihrer Türe gelauscht? Sie konnte nicht sagen, ob ihr womöglich lustvolle Laute entschlüpft waren oder nicht. Lärm gemacht hatte sie sicher nicht, aber es mochte doch das eine oder andere Stöhnen über ihre Lippen gekommen sein. Oder hörte er womöglich ihr Zimmer elektronisch ab? Da er ihre Beretta entdeckt und entladen hatte, konnte sie davon ausgehen, dass er sich längere Zeit in ihrem Zimmer aufgehalten hatte. Da konnte er durchaus Mikrophone oder gar Kameras versteckt haben.

Die Wirtin kam mit einem großen Tablett und servierte das Frühstück für zwei Personen. Sie schnatterte fröhlich über das Wetter, »bel tempo«, rief sie begeistert und wies mit dem Finger durch das Fenster auf die sonnenbeschienene Straße, verteidigte ihre kalorienreichen Backwaren, junge Menschen könnten ruhig mit »coscienza pulita« zugreifen und beteuerte, dass es von »buona educazione« zeugen würde, wenn die beiden alles aufäßen.

Johannes schenkte der Frau ein gewinnendes Lächeln und versicherte, dass kein Krümel übrigbleiben würde. Als sie wieder in ihrer Küche verschwunden war, blickte er Jessika erwartungsvoll an.

Sie beschloss, dass Angriff in diesem Fall die beste Verteidigung sein mochte und fragte: »Überwachst du mein Zimmer?«

»Wie kommst du denn darauf? Guten Appetit, lass es dir schmecken!«

»Woher weißt du dann, wie ich den Morgen verbracht habe? Oder stocherst du im Nebel und willst mich aushorchen?«

Sein Blick wirkte völlig offen, sie konnte keinen Funken von Verstellung oder Tücke entdecken, als er antwortete: »Wir sollten – wollten uns doch besser kennen lernen. Du gibst mir Rätsel auf, die ich zu lösen versuche. Ich versuche nur, mir ein möglichst umfassendes Bild von dir zu machen.«

»Mit Kameras und Mikrophonen.«

»Nein. Weder das eine, noch das andere.«

»Sondern?«

Johannes nahm ein weiteres Gebäckstück aus dem Korb und biss herzhaft hinein. »Hmmmm … die Sorte solltest du probieren! Himmlisch!«

Jessika starrte ihn unverwandt an und wiederholte: »Sondern?«

»Ich meine, dass es zu früh ist, dir das zu erklären.« Er runzelte die Stirn und verbesserte sich: »Nein, ich hatte eigentlich vor, dir alles heute zu offenbaren. Aber die Abstimmung verlief eben nun einmal anders, und an die eigenen Spielregeln muss man sich halten.«

Sie schüttelte den Kopf. Das mochte verstehen, wer es konnte, sie jedenfalls blickte nicht durch. Abstimmung? Spielregeln? Wovon redest du eigentlich? Wer bist du, Johannes? Jessika nahm ein Stück Panettone und bestrich es mit Butter. Sie probierte und stimmte zu: »Wirklich lecker. Die Wirtin backt das alles selbst, hat sie mir erzählt.«

Er nickte und schenkte ihr Orangensaft nach. Eine Weile aßen sie schweigend, dann schlug Jessika vor: »Wir könnten nachher einen Bummel zum Bapisterium und zum Dom machen, falls du nichts anderes vor hast.«

»Ich habe Zeit.«

»Sagen wir gegen 13 Uhr? Holst du mich hier ab?«

Er blickte ihr prüfend in die Augen und antwortete dann: »Wenn du um 13 Uhr vor der Pension wartest, werde ich da sein.«

Sie schafften nicht alles, was die Wirtin ihnen aufgetischt hatte, was diese beim Abräumen mit einem Wortschwall kommentierte, in dem »insensatezza« und »sfamarsi« häufig vorkamen. Dabei lachte sie so vergnügt wie immer und strich Jessika liebevoll über den Rücken. »Buon giorno, ma bella!« wünschte sie und strahlte dann Johannes an: »Arrivederci, cavaliere!«

Jessika begleitete ihn vor die Türe und sah ihm nach, als er wie in der Nacht zuvor in der Grünanlage verschwand. Dann ging sie in ihr Zimmer, packte ihre Sachen in den Koffer und die Pistole in die Handtasche. Es war jetzt 11 Uhr, sie hatte genügend Zeit. Sie bezahlte das Zimmer und verabschiedete sich von der Wirtin. Dann ging sie zu Fuß zum Bahnhof, es war ja nicht weit. Sie wusste nicht, welche Züge in den nächsten zwei Stunden abfuhren, aber die Hauptsache war, dass sie aus der Stadt verschwand, bevor Johannes sie um 13 Uhr zu suchen begann.

Um 12:15 Uhr saß sie im Express nach Rom, um 16 Uhr würde sie dort ankommen und dann entscheiden, wohin sie wollte. Sie musste, falls sie ein Flugzeug nehmen würde, die Beretta zurücklassen, aber weit von Johannes entfernt brauchte sie einstweilen keine schussbereite Waffe. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihn töten wollte, im Gegenteil ihre Gefühle sprachen deutlich dagegen. Sie wollte ihn kennen lernen, das Mysterium durchdringen, verstehen, wer er oder was er war. Aber im Augenblick war die Flucht die bessere Wahl, denn er hatte offensichtlich alle Trümpfe in der Hand und sie selbst noch nicht einmal einen Joker.

Aus ihrer Handtasche holte sie das Buch, in dem sie zwei Tage zuvor zu lesen begonnen hatte. Dabei fiel ihr Blick auf die Postkarte, die im Nachttisch gelegen hatte. Sie hatte sie eingesteckt, um nichts an persönlichen Gegenständen zurück zu lassen. Liebe Grüße, Jessika – in ihrer eigenen Handschrift. Adressiert an jemanden in Berlin, der nicht Johannes hieß. Vielleicht sollte sie herausfinden, wer dieser Mensch war und was er mit Johannes zu tun haben mochte? Vielleicht fand sie in Berlin den Anfang des Fadens, den sie zu einem ordentlichen Knäuel aufrollen konnte, bevor sie über Tod oder Leben des unheimlichen Johannes entschied?

------ ------ ------

So, nun sind wieder die lieben und die bösen Leser gefragt:

Jessika...
...fliegt nach Berlin.
...fliegt woanders hin. (Bitte als Kommentar ein Ziel)
...würde fliegen, wird aber aufgehalten.
Auswertung

Ich werde mal so etwa in vier oder fünf Tagen nachschauen, was die Leser sich wünschen.

Ach ja: Falls es jemandem zu mühsam ist, die italienischen Brocken im Text via Leo.org nachzuschlagen, dann möge er/sie einfach so unverstanden stehen lassen. Es war immerhin auch mühsam für mich, sie nachzuschlagen und aufzuschreiben. Bei dieser Gelegenheit einen herzlichen Dank an eine Mitarbeiterin italienischer Abstammung aus meiner Lieblingsabteilung, die ich bei zwei mir sehr zweifelhaften Zitaten gefragt habe und die aus meinem Entwurf des Satzes »Il signore personifica la pazienza!« ein überzähliges »t« entfernt hat. :-)

Fortsetzung? Folgt.

Samstag, 18. Dezember 2010

Nö.

Liebe Kollegen und Kolleginnen in der Firma PUK, liebe regelmäßige Blogbesucher, ich habe bisher nicht weiter geschrieben, was Jessika betrifft. Geduld ist die Mutter aller Tugend, und daher empfehle ich, dass sich die Ungeduldigen in dieser Tugend üben. Wenn das nicht gelingen sollte: In die Auslegeware beißen hilft auch.

Freitag, 17. Dezember 2010

Kein Jahresrückblick

Der Baum 2010 in unserem Wohnzimmer Statt dessen gibt es hier aus jedem ersten Beitrag des Monats im Jahr 2010 den jeweils ersten Absatz. Habe ich neulich auf einem englischsprachigen Blog gesehen und fand die Idee recht possierlich. Bitteschön:

  • Nein nein. keine Angst. Es gibt uns noch. Wir sind am Sonntag Abend nach schneereich-schwieriger Fahrt (von Budweis nach Berlin in zwei Etappen: 14 Stunden) wohlbehalten zu Hause angekommen, haben das Mietfahrzeug von unseren Koffern und Taschen entleert und haben es dann zur Rückgabestation gebracht. Januar
  • Gestern ist meine Auseinandersetzung mit dem 1. Korintherbrief und unserer heutigen Situation als Gemeinde erschienen, und zwar als kostenloses E-Book. Februar
  • »Ich mach was mit Büchern« – regelmäßig werden Menschen aus der Buchbranche, ob nun Autoren, Verleger, Übersetzer, Lektoren oder anderweitig mit Büchern beschäftigt, befragt, was sie denn konkret mit Büchern machen. Das kleine Logo in der Seitenleiste meines Blogs weist ja schon geraume Zeit darauf hin, dass mich diese Aktion und die damit verbundene Vernetzung von Menschen, die mit Büchern zu tun haben, interessiert. März
  • Der Schock am 1. April für Millionen Menschen: Ab Juni wird in Deutschland das E-Mail-Porto fällig. Wegen des starken Rückgangs des herkömmlichen Briefverkehrs haben Politik und Post-Unternehmen heute diese Gebühr beschlossen. April
  • Im Januar habe ich beschlossen, eine Liste mit gelesenen Büchern anzulegen. Bei Dosi hatte ich gesehen, welche 100 Bücher er im Vorjahr gelesen hatte. Ich hatte keine Ahnung, wie viele ich selbst gelesen hatte, welche genau das gewesen sein mochten. Etliche fielen mir natürlich ein, die sehr guten zum Beispiel. Manche hatte ich auch rezensiert. Aber im Nachhinein ein Liste aufstellen? Ging nicht. Mai
  • Ich träumte, dass meine Nachbarn meiner Familie und mir das Existenzrecht absprachen. Juni
  • Wenn man wüsste, was Katzen beim Bücherlesen so denken… Juli
  • Mein Schulkamerad Robin wohnte auf einem Dorf vor den Toren der Stadt Memmingen. Wenige Wochen erst war ich, ein Berliner Junge, in der Kleinstadt im Allgäu zu Hause. Ich lernte die ungewohnte Sprache zu verstehen, in der sich Kinder und Erwachsene unterhielten. August
  • Ich habe neulich eine Erzählung ausgebuddelt, die ich vor etwa 20 Jahren geschrieben habe. Beim Lesen war sie mir fast wie fremd, und an den Schluss konnte ich mich tatsächlich nicht erinnern. Wenn man so will, habe ich mich also zeitversetzt selbst überrascht. September
  • Das verbale Ausdrucksvermögen bezüglich ihrer Emotionen ist bei manchen Zeitgenossen erschreckend eingeschränkt. Wenn die Reporter des Berliner Regionalfernsehens beispielsweise nach einem gelungenen Konzert oder einem Sieg des heimischen Fußballvereins den Besuchern das Mikrophon entgegenhalten, beschränken sich die Äußerungen auf einige wenige Variationen, die überwiegend aus »voll«, »Hammer« und »geil« zusammengesetzt werden, gelegentlich ergänzt mit lautmalenden Spracheskapaden, die niederzuschreiben schwer fällt. Wie buchstabiert man denn »boaaah« oder »wau/wow/woahu/ohwau« und ähnliche Stöhn- oder Heullaute? Oktober
  • Es ist schon ein einzigartiges Völkchen, das die Fangemeinschaft des Herrn Bob Dylan bildet. Nichts, aber auch gar nichts kann diese Menschen davon abhalten, zu den Konzerten zu pilgern und/oder sich wenige Stunden nach dem jeweiligen Konzert die Aufnahme desselben herunterzuladen. November
  • …und wenn es nicht so wäre, dann – äh – also nein, anders herum gesagt, also es gibt noch mehr Welten, als nur diese, und – äh – na ja, also, ach ja, was ich eigentlich vermelden wollte: Meine Wenigkeit hat jetzt eine Autorenseite in der Autorenwelt von Amazon.de bezogen, gleich neben Herrn McCourt. Dezember

Na so was.

Donnerstag, 16. Dezember 2010

Na gut. Dann also so.

Frau Jessika wird keine Antwort darauf finden, wer Herr Johannes ist.

Ergebnis am Donnerstag um 6:00 Uhr

Der aufmerksame Leser weiß es oder ahnt es zumindest, und das soll dann eben auch gut so sein. Ich wünsche frohes Warten auf die Fortsetzung.

Dienstag, 14. Dezember 2010

Weihnachtliches von den Söhnen Mannheims

… and the word … and the word … became flesh!

Sonntag, 12. Dezember 2010

Jessika – ein Verhängnis /// Teil 2

Die Leser haben entschieden – und natürlich halte ich mich an die eigenen Spielregeln. Der mysteriöse Fremde bleibt einstweilen am Leben. Wer den ersten Teil noch nicht gelesen hat, sollte das vielleicht vor der Lektüre dieser Fortsetzung nachholen: [Teil 1]

------ ------ ------

»Wenn du dir die Zeit genommen hättest, das Magazin zu kontrollieren«, fuhr er fort, »wüsstest du, dass dieses Stück Metall in deiner Hand höchstens als Wurfgeschoss taugt.«

Jessika drückte ab. Ein Klicken war zu hören, kein Schuss. Sie zuckte mit den Schultern, warf die Pistole auf das Bett und fragte: »Also los jetzt, raus mit der Sprache, wer bist du und was willst du von mir?«

Seine Mine blieb freundlich, als er erklärte: »Wer ich bin, das sollte einstweilen offen bleiben, denn es hat mit meinem Anliegen nichts zu tun. Du erinnerst dich sicher an eine Nacht vor vielen Jahren, als du vor der Tür der Hausmeisterin standest und lauthals Einlass in die Wohnung verlangt hast. Sie ließ dich herein und war drauf und dran, dich von hinten zu erstechen.«

Die Geschichte mit der Hausmeisterin steht im Buch »Gänsehaut und Übelkeit«. Jessika studierte sein Gesicht noch aufmerksamer. Kannte der Mann sie von damals? War er ein Hausbewohner gewesen? Oder womöglich ein potentielles Opfer der mörderischen Hausmeisterin, das ihr entkommen war? Er mochte Anfang 50 sein, die kurzen Haare waren grau, der auf zwei Millimeter getrimmte Zwei-Tage-Bart ebenfalls. Sein freundliches Gesicht war ihr fremd. Nun gut, damals war sie noch ein Kind, Erinnerungen verblassten mit den Jahren. Jessika versuchte, sich den Mann jünger vorzustellen. Seine blau-grauen Augen – womöglich war sie diesem Blick schon begegnet, aber sie konnte nicht sagen, wann oder wo das gewesen sein mochte.

»Dein Vorschlag«, fuhr er fort, »den gerade von der Hausmeisterin ermordeten Mann zumindest teilweise zu verspeisen, hat dir damals das Leben gerettet.«

Jessika sagte trocken: »Sie hasste Männer.«

»Das ist zweifellos eine treffende Charakterisierung.«

»Ich war übrigens noch nicht strafmündig, abgesehen davon, dass ich den Mann ja nicht umgebracht habe.«

»Aber den Giftzwerg, den hast du persönlich ins Jenseits befördert.«

Jessika überlegt, wie sie diesen so freundlich lächelnden Fremden schnellstmöglich loswerden konnte. Du weißt zu viel, viel zu viel. Kann ich dich erwürgen? Du siehst ziemlich kräftig aus… Er mochte um die 90 Kilogramm wiegen, so ohne weiteres und ohne Waffe wollte sie keinen Angriff wagen. Und woher weißt du das eigentlich?

»Das war erstens ein Unfalltod, und zweitens überfällig«, sagte sie.

 

Nach der Schule hatte sie eine Ausbildung in einer Behörde begonnen, weil es mit dem Studienplatz nicht gleich geklappt hatte. Einer der Vorgesetzten war der Giftzwerg gewesen, ein gewisser Donald Ritz, der seinen Spitznamen wahrlich verdient hatte. Der Mann war unberechenbar, seine Launen berüchtigt. Er hatte seine Lieblingsmitarbeiter, deren vermeintliche Zuneigung er sich mit Prämien und Vergünstigungen zu erhalten suchte. Alle, die nicht zu diesem Kreis gehörten, hatten Angst vor Ritz. Da er als Leiter mit Personalverantwortung für seinen Bereich eingesetzt war, konnte es einen Mitarbeiter den Arbeitsplatz kosten, wenn Ritz dessen Nase nicht gefiel. Einen kleinen Anlass zu finden war kein Problem.

Jessika gefiel ihm nicht, aber sie hatte im Gegensatz zu vielen anderen keine Angst. Ihre Existenz hing nicht an dieser Ausbildung, und vor Männern fürchtete sie sich grundsätzlich nicht, schon gar nicht vor solchen eher klein gewachsenen Möchtegernmonarchen. Eines Tages, als er eine Schimpfkanonade losließ, weil Jessika ihm nicht schnell genug war, kam es zur Konfrontation.

»Du wirst mich noch kennen lernen, mein Frolleinchen!«, brüllte er durch das Büro.

Sie stand auf, trat ihm entgegen und sagte ruhig: »Ich wüsste nicht, seit wann Sie mich duzen dürfen.«

»Was? Auch noch frech werden? Ich schmeiß dich raus!«

»Dazu müssten Sie schon einen arbeitsrechtlich relevanten Grund haben, Herr Ritz. Ich erwarte von Ihnen eine Entschuldigung für Ihr Verhalten und einen angemessenen Umgangston.«

Der Kopf des kleinen Mannes wurde puterrot, die Adern schwollen sichtlich an. Dass jemand ihm widersprach, war er nicht gewöhnt. In seinem kleinen Königreich war er der unfehlbare Herrscher, um dessen Gnade die Untergebenen gefälligst zu winseln hatten.

Seine Stimme war bestimmt bis in die angrenzenden Büros zu hören: »Frolleinchen, ich werde dich…«

Jessika hob die Hand und erklärte: »Sie verlassen jetzt den Raum, bis Sie sich wieder beruhigt haben. Sie könnten auch die Firma verlassen und ein Bier trinken gehen, bei Ihnen zählen ja private Verrichtungen oft als Dienstgänge. Oder Sie lassen die Jalousien ihres Büros herunter und trinken den Beruhigungsschluck am Schreibtisch, solange keiner durch das Fenster hineinschauen kann. Auf jeden Fall gebe ich Ihnen Zeit bis morgen, sich angemessen zu entschuldigen.«

Donald Ritz starrte die junge Frau entsetzt an. Woher wusste sie, dass er zum Beispiel für Arztbesuche Dienstgänge buchte? Woher wusste sie, was er hinter geschlossener Jalousie zu sich zu nehmen pflegte? Wie konnte sie es wagen, solche Dinge auszusprechen, während andere Mitarbeiter der Abteilung sich an ihren Schreibtischen den Anschein gaben, eifrig in die Arbeit vertieft zu sein, zweifellos aber die Ohren spitzten? Die Zornesröte seines Gesichtes war gewichen, hatte einer Leichenblässe Platz gemacht.

»Sie hören von mir«, zischte er und verließ das Büro.

Am nächsten Tag hörte Jessika nichts von ihm, er war wohl nicht zu dem Schluss gekommen, dass eine Entschuldigung angebracht sein könnte. Sie wartete bis zum Feierabend. Als sie nach Hause aufbrach, kam ihr auf dem Flur der Giftzwerg entgegen. Er würdigte sie keines Blickes, aber sie hörte ihn hinter ihrem Rücken zischen: »Schlampe.«

Etwa eine Stunde später setzte sich Ritz an das Steuer seines Dienstfahrzeuges. Er wusste, dass er nicht mehr nüchtern genug war, um ein Auto zu fahren, aber es war ja bisher auch immer alles gut gegangen. Bis zur scharfen Kurve der Autobahnauffahrt ging auch an jenem Tag alles gut. Das letzte, was Donald Ritz in seinem Leben sah, war eine Gestalt mitten auf der Fahrbahn, die ihm ruhig entgegenblickte. Er verriss das Steuer, der Wagen kam auf dem regennassen Asphalt ins Schleudern und prallte frontal gegen einen Lastwagen, der auf der Gegenfahrbahn mit rund 70 Stundenkilometern unterwegs war.

Dreißig Minuten später kam Jessika zu Hause an, ein zufriedenes Lächeln auf den Gesichtszügen.

Eine Person auf der Fahrbahn hatte niemand sonst wahrgenommen, auch nicht der nur leicht verletzte Fahrer des LKW. Der Alkoholgehalt im Blut des Verunglückten reichte als Erklärung für den Unfall, weitere Ermittlungen wurden nicht angestellt.

Es gab ein feierliches Begräbnis, zu dem die Mitarbeiter der Behörde dienstfrei bekamen. Der Nachfolger des Donald Ritz, sein bisheriger Stellvertreter, war ein fairer und integrer Mann. Die Stimmung in der Abteilung wandelte sich von Angst, Verrat und Afterreden zu einem produktiven und angenehmen Arbeitsklima. Jessika beendete ihre Ausbildung mit vorgezogener Prüfung nach nur zwei Jahren, um dann an die Universität zu wechseln.

 

Sie musterte den Mann, der ihr immer noch freundlich schmunzelnd gegenüber saß. Was willst du von mir? Wie werde ich dich los?

»Ein Unfalltod war es«, wiederholte sie.

»Und du warst erst 18 Jahre alt«, sagte der Fremde leise, als wäre das ein mildernder Umstand.

»Ich bleibe 18 bis ich sterbe«, erklärte Jessika.

»Du hörst gerne Bryan Adams?«

»Auch. Unter anderem.«

Er zwinkerte ihr zu und meinte: »Von mir aus kannst du jung bleiben. Ich kann mir eine Jessika fortgeschrittenen Alters sowieso nicht vorstellen.«

Sie griff nach der Beretta und fragte: »Bekomme ich meine Munition eigentlich wieder? Und was willst du denn nun von mir?«

»Ich will dich erst mal besser kennen lernen. Du bist mir rätselhaft.«

»Du mir auch.«

»Eben.«

Sie runzelte die Stirn: »Was eben? Wie eben?«

»Bevor ich übereilte Entscheidungen treffe, was aus dir werden soll, möchte ich, dass wir uns besser kennen lernen«, erklärte er.

Jessika witterte ihre Chance. Beim Sex wurden alle Männer fahrlässig unvorsichtig, und zum Kennenlernen gehörte für Männer in der Regel kaum etwas anderes als dass ihr Penis auf möglichst abwechslungsreiche Weise aktiv werden durfte. Diesbezüglich hatte sie einige Finessen auf Lager, vor ein paar Stunden erst war Signore Giuseppe Di Stefano in den Genuss ihrer Künste gekommen. Dass sein Herz dabei den Pumpdienst aufgegeben hatte, nun ja, das war eine ganz andere Sache. Immerhin hatte er sich in einem Augenblick höchsten Genusses von dieser Erde verabschiedet. So wie damals ihr Bernd. Ach Bernd, wenn ich dich zurückholen könnte

»Kennenlernen finde ich gut«, antwortete sie und schenkte ihrem Gegenüber ein erstes Lächeln. »Aber gehört es nicht auch dazu, dass man einander beim Namen nennen kann?«

Er nickte zustimmend. »Meinetwegen kannst du mich Johannes nennen. Oder wie auch immer du willst. Ich bin da nicht wählerisch.«

»Johannes. Und weiter?«

»Nichts weiter. Name ist Schall und Rauch. Du heißt ja auch nur Jessika.«

Sie war unschlüssig, wie es nun weitergehen sollte. Was er wirklich wollte, hatte er nicht verraten, und dass es ihm nur um Sex ging, hielt sie eher für unwahrscheinlich. Sie wusste auch nicht, ob er womöglich bewaffnet war, wen er vielleicht in sein Wissen eingeweiht hatte. Es war ein ungewohntes und unangenehmes Gefühl für Jessika, vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben nicht die Zügel in der Hand zu halten.

»Ich gehe jetzt«, sagte Johannes schließlich, »wir sehen uns bald wieder. Die Munition findest du in deinem Nachttisch.«

Er stand auf und nahm seinen Mantel vom Bett. Jessika überlegte, ob sie schnell genug die Waffe laden und ihn einholen konnte, bevor er die Pension verließ. Es war unwahrscheinlich. Sie musste auf eine andere Gelegenheit warten, bei der sie besser vorbereitet sein würde.

Johannes setzte seinen Hut auf und reichte ihr die Hand.

»Gute Nacht, Jessika.«

Zögernd stand sie ebenfalls auf und reichte ihm die Hand. Sie blickte in seine Augen, die noch immer freundlich und auf sonderbare Weise vertraut wirkten. Sein Händedruck war fest. Er nickte ihr noch einmal zu und verließ dann das Zimmer. Die Tür zog er hinter sich zu.

Jessika stellte sich ans Fenster und sah ihn kurz darauf durch die Grünanlage zur Via Giuseppe Verdi verschwinden. Er sah sich nicht um.

Sie setzte sich auf ihr Bett und öffnete die Schublade des Nachttisches. Die Patronen lagen neben der obligatorischen Gideon Bibel. Unter der Bibel sah sie einen Umschlag. Sie zog ihn heraus und öffnete ihn. Einen Moment wusste sie nichts damit anzufangen, was sie sah. Eine Postkarte, die eine sonnendurchflutete Landschaft zeigte. Sie drehte die Karte um und erblickte ihre eigene Schrift. Liebe Grüße, Jessika stand unter einem roten Herz. Verständnislos starrte sie die Postkarte an.

------ ------ ------

Nun sind die geneigten Blogbesucher wieder an der Reihe. Es könnte so oder so weitergehen. Oder auch so.

Jessika...
...kommt darauf, wer Johannes wirklich ist.
...findet einstweilen keine Antwort.
...hat eine Ahnung, aber keine Gewissheit.
Auswertung

Fortsetzung? Folgt, wenn sie geschrieben ist. Die Abstimmung werde ich mir zum Weiterschreiben am kommenden Mittwoch zu Herzen nehmen.

Freitag, 10. Dezember 2010

Die Brücke nach Fehmarn

Damit es den geneigten Blogbesuchern nicht langweilig wird, weil mir derzeit keine Muße für den Blogbetrieb vergönnt ist, wiederhole ich heute einen älteren Beitrag, der ringsumher viel Anklang zu finden sich als geeignet erwiesen hat. Bitteschön:

--- ---- ----- ------

Ganz gena so war das damals.Ich ging vor etlichen Jahren, als man nur mit dem Schiff vom Festland hinüber konnte, am Strand der Insel Fehmarn spazieren und stieß mit meinem Fuß an eine altertümliche Öllampe, die im Sand fast völlig verborgen war. Neugierig buddelte ich sie aus und wischte die Sandkörner von der Oberfläche. Plötzlich gab es ein kaum zu beschreibendes Geräusch, so etwas wie den Klang, den man hört, wenn man eine Mineralwasserflasche öffnet, nur irgendwie umgekehrt. Im selben Augenblick stand ein Flaschengeist vor mir. Ich erkannte ihn als solchen, da er einer Abbildung in einem Märchenbuch aus Kindheitstagen glich.
»Wahnsinn!«, rief ich, »ein Flaschengeist! Du musst mir drei Wünsche erfüllen, richtig?«
Er antwortete: »Nee, tut mir leid, wir haben Sparmaßnahmen eingeleitet. Nur zwei Wünsche kann ich erfüllen, also überlege gut, was du möchtest.«
»Nun gut. Also nur zwei Wünsche. Ich wünsche mir eine Million Mark.«
Der Flaschengeist sah auf seine Armbanduhr und sagte: »Es ist 19:40 Uhr, in ein paar Minuten werden die Lottozahlen gezogen. Wenn du im Hotel bist, schalte den Fernseher ein und vergleiche die Auslosung mit dem Lottoschein, der in deiner Tasche steckt.«
»Kann ich mich darauf verlassen?«
»Ich bin ein Flaschengeist. Wir lügen nie.«
Nun war ich also ein gemachter Mann, finanziell gesehen zumindest. Eine Frau zu finden, mit der ich mich wirklich verstand und rundum glücklich werden konnte, würde nun nicht schwer fallen, obwohl mir das seit Jahren nicht gelungen war. Ich glaubte dem sympathischen Kerl jedenfalls den Lottogewinn und bedankte mich sehr herzlich und überschwänglich.
Er unterbrach meinen Redefluss: »Ich will nicht drängeln, aber was wäre dein zweiter Wunsch?«
Ich überlegte nicht lange. Ich liebte Fehmarn, wohnte aber in Kiel. Mir wurde bei der Überfahrt auf die Insel immer schlecht, so windstill es auch sein mochte. Daher erklärte ich: »Ich komme unheimlich gerne nach Fehmarn, aber ich vertrage es nicht, auf einer Fähre oder einem Boot zu sein. Also wünsche ich mir eine riesige Brücke, die das Festland mit der Insel verbindet.«
Nun wurde der Flaschengeist, der eben noch so freundlich schien, richtig zornig. »Bist du verrückt geworden? Hast du eine Ahnung, wie lange das dauert und wie viel das kostet? Wie viele Umweltschützergruppen und Interessenverbände und Bürgerinitiativen dafür bestochen werden müssen? Und die Arbeiter, die unter Lebensgefahr über dem Wasser die Teile montieren müssen?«
Verblüfft gab ich zurück: »Wie bitte? Du bist ein Flaschengeist! Du musst nur mit den Armen wedeln und die Brücke erscheint!«
Er seufzte und erklärte mir die Lage so, wie man einem trotzigen kleinen Kind klarmacht, dass es kein weiteres Eis mehr bekommen kann. »Schau, mein menschlicher Freund, lass mich etwas erklären. Es gibt uns Flaschengeister seit Ewigkeiten, nicht wahr? Und ihr Menschen seid bis heute nicht sicher, ob wir wirklich existieren. Warum? Weil wir die Wünsche heimlich erfüllen. Du wirst bemerkt haben, dass ich nicht einfach einen Koffer mit einer Million D-Mark neben dich hingestellt habe, sondern dass ich dafür sorge, dass die richtigen Lottobällchen aus der Glaskugel purzeln. Verstehst du das?«
»Ja, na ja...« murmelte ich etwas dämlich.
»So arbeiten wir eben. Weil es andernfalls - und ich könnte diese riesige Brücke natürlich mit einem Armwedeln erscheinen lassen - überall auf der Welt Fragen auslösen würde. Und so kämen die Menschen dahinter, dass es uns doch wirklich gibt. Sie würden die Strände, Wälder, Keller und was noch alles nach den Öllampen durchbuddeln, in denen wir uns aufhalten. Wir hätten nie wieder friedliche Ruhezeiten.«
»Na gut. Ich verstehe deine Bedenken. Und ich will ja auch kein Ungemach anrichten«, antwortete ich. »Ich ändere meinen zweiten Wunsch.«
»Danke. Vielen Dank. Was hättest du also gerne statt der Brücke?«
»Ich wünsche mir, dass ich endlich... - die Frauen verstehe.«
Der Flaschengeist sah mich mit seinen Bernsteinaugen nachdenklich an, strich sich über den langen Bart und wandte sich dem Wasser zu. Er fing an, mit den Armen zu wedeln und fragte: »Soll die Brücke zweispurig oder vierspurig sein?«

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Na gut. Jessika darf ihn nicht erschießen.

Resultat

Die Abstimmung bleibt zwar online, aber ich nehme das knappe Ergebnis zur Kenntnis. Der Kerl wird nicht erschossen - was mein Plan gewesen wäre - sondern er bekommt eine weitere Verwendung. Ich habe auch schon eine Idee, wer er sein könnte. Wann ich dazu komme, eine Fortsetzung zu schreiben, weiß ich allerdings noch nicht zu sagen.

John Lennon

John-Lennon-Marke der Deutschen BundespostEin Heiliger war er nie, wollte er nie sein. Ein Visionär war er schon eher, aber sicher kein Prophet. Auf jeden Fall wusste er zu provozieren - oder hat er einfach manchmal nicht nachgedacht, bevor er Antworten gab? Auf die Frage, wie er es bewerten würde, dass die Einschaltquoten eines Beatles-Konzertes die einer Sendung mit Billy Graham, dem großen amerikanischen Evangelisten, übertroffen hatten, erklärte er:

Christianity will go. It will vanish and shrink. I needn't argue about that; I'm right, and I will be proved right. We are more popular than Jesus now; I don't know which will go first -- rock'n'roll or Christianity. (Interviev mit dem Evening Standard am 4. März 1966)

Diese Sätze haben zu Schallplattenverbrennungen in Amerika geführt, was eigentlich voraussehbar war. Aber John Lennon war kein Politiker, der auf irgendwelche Wählerstimmen spekulierte und seine Worte entsprechend abwägte. Er entschuldigte sich immerhin später bei einer Pressekonferenz in Chicago für seine Formulierungen, auf Drängen des Managers der Band.
Das Provozieren ließ er allerdings nicht sein, sei es mit den unerträglichen Klängen der beiden ersten LPs mit Yoko Ono (Two Virgins / Life with the Lions), die mit Musik nichts mehr zu tun hatten, sei es mit der Abbildung des nackten (und nicht sonderlich ansehnlichen) Paares auf dem Cover von Two Virgins.

Dennoch ist seine Musik, nicht nur aus den Jahren mit den Beatles, bis heute nicht vergessen. Er konnte ja auch anderes komponieren und vortragen als das unsägliche Revolution 9 auf dem weißen Album der Beatles oder die eben genannten beiden ersten Solo-LPs.

Der Mord an John Lennon am 8. Dezember 1980 hat die Musikwelt um einen Ausnahmekünstler beraubt, aber die Lieder bleiben. Seinen musikalischen Aufruf Give Peace a Chance habe ich zuletzt in diesem Jahr von Paul McCartney gehört - das war ein bewegender Moment der Erinnerung beim McCartney-Konzert in Berlin.

John Lennon wird für mich immer eines der großen musikalischen Vorbilder bleiben.

Montag, 6. Dezember 2010

Ja ja. Ach ja.

Foto der fraglichen Waffe via WikipediaDas kommt davon, wenn man die Blogbesucher fragt, wie es weitergehen soll. Nun bin ich etwas ratlos - aber vor Mittwoch komme ich sowieso nicht dazu, weiter zu schreiben. Also darf und soll noch weiter abgestimmt werden (siehe voriger Beitrag).

Die Bertetta Beretta ist noch immer geladen und könnte dem Herrn den Garaus machen. Aber gut - die Leser dürfen entscheiden.