Sonntag, 20. März 2011

Jessika – ein Verhängnis /// Teil 16

Zunächst das Obligatorische: [Teil 1] /// [Teil 2] /// [Teil 3] /// [Teil 4] /// [Teil 5] /// [Teil 6] /// [Teil 7] /// [Teil 8] /// [Teil 9] /// [Teil 10] /// [Teil 11] /// [Teil 12] /// [Teil 13] /// [Teil 14] /// [Teil 15]

Dann die Fortsetzung:

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»Bernd war Autor«, stellte Johannes ausweichend fest.

»Das weiß ich. Und du?«

Statt zu antworten fragte Johannes: »Was tust du denn? Ich meine, wie lebst du deinen Alltag, gehst du einer Beschäftigung nach?«

»Ich habe eine Ausbildung gemacht – ach, das weißt du ja sowieso. Die Sache mit dem Giftzwerg hast du mir ja schon an den Kopf geworfen. Im kaufmännischen Bereich habe ich mich nicht wohl gefühlt, also habe ich Linguistik studiert, das war dann aber langweilig, inzwischen bin ich Fotografin. Wenn mir danach ist, nehme ich Aufträge an, sonst arbeite ich für eigene Projekte.«

»Und Geld spielt ja bei euch Nephilim keine Rolle, oder?«

»Das habe ich erst nach und nach herausgefunden. Ich hatte zwar Eltern, aber die hatten mich adoptiert. Daher hatte ich anfangs niemanden, der mir mein Erbe hätte erklären und mich in die Gemeinschaft hätte einführen können. Nitzrek war keine große Hilfe.«

»Erzählst du mir davon?« fragte Johannes und steckte zwei Zigaretten an. Eine reichte er Jessika hinüber.

Sie nickte. »Ich habe das noch niemandem erzählt, aber da du sowieso mehr weißt als du wissen kannst … warum auch nicht.«

 

Jessika hatte erst mit 14 Jahren erfahren, dass sie nicht das leibliche Kind ihrer Eltern war. Eines Abends wachte sie auf, spürte Durst und ging in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken. Im Wohnzimmer, dessen Tür angelehnt war, saßen ihre Eltern. Jessika hörte auf dem Rückweg in ihr Zimmer ihre Mutter sagen: »Aber irgendwann müssen wir es ihr doch sowieso sagen. Sie wirf Fragen stellen, ganz bestimmt.«

»Sie ist noch ein Kind«, brummte ihr Vater.

»Sie ist 14!«

»Ja, das weiß ich. Aber wer weiß, wie sie darauf reagiert, vielleicht fühlt sie sich dann ungeliebt oder verunsichert? Vielleicht fragt sie ja auch nicht.«

Jessika stand im Flur und fragte sich, welches Geheimnis ihre Eltern da besprachen. Sollte sie ins Wohnzimmer gehen und fragen? Oder abwarten? Sie schlief wie immer nackt und hatte sich für den Ausflug in die Küche nichts angezogen, aber das war kein Problem, in ihrer Familie musste sich niemand seines Körpers schämen, auch ihre Eltern gingen von der Dusche ins Schlafzimmer, ohne sich zu verhüllen. Aber Jessika wusste nicht, ob sie erfahren würde, worum es bei dem Gespräch ging, wenn sie jetzt auftauchte oder eher, wenn sie weiter lauschte.

»Warum sollte sie sich weniger geliebt fühlen? Wir lieben sie doch schon 14 Jahre und daran ändert sich auch nichts.«

Jessikas Vater klang nachdenklich: »Aber ihre Psyche – vielleicht würde sie es anders empfinden?«

»Das glaube ich kaum«, entgegnete ihre Mutter, »Jessika ist ein stabiles und selbstbewusstes Mädchen. Sie hat vor zwei Jahren den Mordanschlag der Hausmeisterin sehr schnell und bewundernswert tapfer verarbeitet. Ich habe viel länger gebraucht, um über den Schock hinwegzukommen. Mein Kind wird beinahe erstochen worden, während wir auf einer Party sind! Das geht mir noch heute oft durch den Kopf, wenn Jessi alleine zu Hause ist.«

Jessikas Vater seufzte. Dann, nach einer kurzen Pause, sagte er: »Sie ist unser Kind und sie hat uns lieb. Dass wir sie lieben, das weiß sie und das hat ihr Halt damals gegeben, meinte der Psychologe. Das gibt ihr auch heute, zwei Jahre später, noch Halt. Warum sollten wir daran rütteln, oder das gefährden?«

Nun trat Jessika ins Wohnzimmer und fragte: »Worum geht es eigentlich?«

Beide schauten überrascht auf, schickten sie aber nicht fort. Im Gegenteil. Zwischen ihre Eltern in eine Wolldecke gekuschelt erfuhr sie in jener Nacht, dass sie ein Findelkind war. Ein Obdachloser hatte bei seiner Suche nach weggeworfenen Pfandflaschen eine abgewetzte Reisetasche im Gebüsch bemerkt und in der Hoffnung auf brauchbaren Inhalt hineingeschaut. Als er ein Neugeborenes sah, das wie tot wirkte, ließ er vor Schreck die Tasche fallen, worauf ein leises Wimmern zu hören war. Er besaß kein Telefon, kurzerhand nahm er die Reisetasche und machte sich auf den Weg aus dem Park zum nächsten Supermarkt, wo er seinen Fund einer Kassiererin zeigte. Minuten später waren Notarzt und Polizei vor Ort.

Jessikas Eltern hatten einen Ordner, in dem sie die Zeitungsausschnitte aufbewahrten, die sich mit dem ausgesetzten Neugeborenen beschäftigten. Der Obdachlose wurde als Held gefeiert, die Rabeneltern nie ermittelt. Viele Paare hatten sich damals um die Adoption des »Tiergarten-Babys«, wie die Boulevardpresse das Mädchen schnell getauft hatte, bemüht, gelandet war Jessika schließlich da, wo sie noch immer wohnte.

»Und warum habt ihr mir das nicht schon längst erzählt?«, fragte sie.

Ihr Vater legte seinen Arm um ihre Schultern und drückte sie an sich. »Was hättest du denn an unserer Stelle gemacht? Geschwiegen oder dem Kind, das man liebt wie sein eigenes, erzählt, wo es herstammt, bevor es erwachsen ist?«

»Ich weiß es nicht, Papa.«

Keiner darf Jessika noch mal pieksen.»Wir hätten es dir wohl in den nächsten Tagen gesagt«, erklärte ihre Mutter. »Du musst wieder zur Blutuntersuchung, wie alle fünf Jahre, und du hast beim letzten Mal schon gefragt, warum und wozu, weil du ja überhaupt nicht krank warst. Da warst du neun und ziemlich schnell wieder abgelenkt oder zufrieden mit der Erklärung, das sei eine reine Routineuntersuchung.«

»Ist es und war es aber nicht?«

»Ja und nein«, sagte ihr Vater. »Dir fehlt nichts, das weißt du selbst, im Gegenteil, du bist so gesund, dass es schon fast unheimlich ist. Keine Grippe, keine Erkältung, kein Bauchweh … seit wir dich haben. Als du gefunden wurdest hat man dich natürlich im Krankenhaus sehr genau untersucht, und dabei haben die Ärzte in deinem Blut etwas festgestellt, wofür sie keinen Namen oder keine Erklärung hatten. Ich bin ja kein Mediziner, vielleicht habe ich es auch bloß nicht verstanden. Jedenfalls haben sie zuerst halbjährlich, dann jährlich und nun inzwischen alle fünf Jahre auf einer Untersuchung bestanden.«

Jessikas Mutter ergänzte: »Sie wollen einfach sicher gehen, dass das, was mit deinem Blut los ist, keinen Schaden anrichtet. So hat man es uns jedenfalls erklärt. Es gibt da einen Professor am Klinikum, der ist der Sache auf der Spur, sagt er, es hätte irgendwas mit deiner Abstammung zu tun … und da du jetzt mit 14 natürlich ganz andere Fragen stellst und sicher auch die Ärzte anders mit dir reden, haben wir vorhin darüber gesprochen, ob und wann wir dir erklären sollen, dass du unsere liebe Tochter bist, obwohl ich dich nicht geboren habe. Wenn die Abstammung zur Sprache kommt, musst du vorher wissen, dass wir nicht deine leiblichen Eltern sind.«

Es hatte sich nach dieser Nacht nichts im Verhältnis zu ihren Eltern geändert. Jessika fragte bei der Untersuchung zwei Wochen später die Ärzte aus, aber was mit ihrem Blut oder an ihrem Blut nun eigentlich nicht stimmte und welche Auswirkungen das haben konnte, konnten oder wollten ihr die Mediziner nicht sagen. Es ging um die Zusammensetzung und vor allem darum, dass ihr Blut sich anders »verhielt« als es normal gewesen wäre. Die Gerinnung stimmte nicht mit der Schulmedizin überein, die Viskosität war anders, die Erythrozyten transportierten einen Stoff, den man noch nicht benennen konnte, Granulozyten und Monozyten waren im Verhältnis zum normalen Befund viel zu zahlreich in Jessikas Blut zu finden.

Der eine Wissenschaftler, der die Abstammungstheorie verfolgte und mit dem frisch entnommenen Blut weltweit Vergleiche anstellen wollte, ein gewisser Professor Doktor Jochen Stieß, verschwand am Abend nach Jessikas Untersuchung spurlos.

 

»Der Teltowkanal ist an manchen Stellen ganz schön tief«, sagte Jessika und öffnete das Fenster einen Spalt, rutschte ein wenig hin und her auf dem Sitz.

Johannes hatte aufmerksam zugehört und Jessika nicht unterbrochen. Nun schwieg sie, schien auf seinen Kommentar zu warten.

»Ich vermute, dass die Besonderheit deines Blutes bis heute nicht wissenschaftlich erklärt oder erforscht wurde?«, fragte er.

»Richtig. Das war übrigens mit 14 Jahren die letzte Untersuchung, der ich mich ausgesetzt habe. Ich kannte ja Nitzrek schon zwei Jahre; obwohl er bezüglich meiner Abstammung keine Hilfe war, hatte ich ja bereits einen Auftrag erledigt und wusste, dass ich nicht so ganz wie andere Menschen war. Fünf Jahre später begriff ich schon einiges mehr über meine Herkunft und selbstverständlich werde ich keinem Arzt mehr die Gelegenheit geben, stutzig zu werden.«

»Bei der nächsten Raststätte wäre eine Pinkelpause ganz nett«, meinte Johannes. »Nur so nebenbei bemerkt.«

»Na klar.«

»Weißt du denn inzwischen, was in deinem – in eurem – Blut nun anders ist?«

»Das Blut sei ein besonderer Saft, hat ja schon Herr Goethe gemeint. Ohne sich darüber auszulassen, wie es zusammengesetzt ist.«

»Und dein Blut ist ein ganz besonders besonderer Saft.«

»Ja.«

Johannes war immer noch neugierig: »Dieser Blutaustausch – wenn ich das mal so nennen soll – mit Luca, das war ja nun keine Transfusion. Ich meine, wenn man eine Wunde auf die andere legt, fließt ja nicht das Blut des Spenders in den Körper des Empfängers. Das war wohl irgendwie mehr – äh – eine symbolische Handlung?«

Jessika lachte vergnügt und meinte: »Bin ich denn symbolisch zum Leben zurückgekehrt?«

»Nein. Also dann rituell statt symbolisch?«

»Hast du als Junge mal Karl May gelesen?«, fragte sie.

»Du meinst Winnetou und Old Shatterhand als Blutsbrüder?«

»Ja. Zum Beispiel. Das ist bei Karl May ein Symbol für Freundschaft und Treue, aber es geht weit darüber hinaus. In vielen Sagen und Erzählungen findet man entsprechende Passagen über den Blutsbund. Aus menschlicher Sicht in der Regel. Und immer seltener, je aufgeklärter die Menschheit ist.«

Johannes zündete wieder zwei Zigaretten an und sagte: »Die menschliche Sicht ist begrenzt.«

Jessika nahm einen tiefen Zug und antwortete: »Die Menschen begrenzen ihre Sicht selbst, durch Vernunft, Bildung, Wissenschaft und Kultur … oder man setzt die religiöse Brille auf. Was nicht ins Weltbild passt, darf eben auch nicht stimmen oder wird als unerklärlich wegerklärt. Man nennt es dann Aberglaube, Esoterik, ein Wunder, Magie, was auch immer.«

»Manches kann ich nicht erklären, glaube es aber trotzdem. Ohne es gleich in eine Schublade sortieren zu müssen.«

Jessika nickte und rutschte unruhig auf dem Sitz hin und her. Offensichtlich musste sie dringender als Johannes. Aber es war keine Raststätte in Sicht, nicht mal ein Hinweisschild hatten sie in der letzten halben Stunde passiert.

»Zur Not können wir ja ins Gebüsch pinkeln«, sagte Johannes.

»Kennt dein schlaues Navigationsgerät keine Raststätten? Dann wüssten wir, wie lange es noch dauert.«

»Klar kennt es Raststätten und Restaurants.« Johannes beugte sich vor und wählte aus dem Menü die Übersicht. Das Gerät fand eine Raststätte, 20 Kilometer entfernt.

Jessika war beruhigt. »Bis dahin halte ich noch durch.«

»Ich auch.«

Die beiden wussten noch nicht, wie lange es dauern kann, 20 Kilometer Entfernung zu überwinden, wenn auf der Straße Unvorhergesehenes auf die Reisenden wartet.

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Und schließlich die Frage an das geschätzte Publikum:

Vor der Raststätte ...
... gibt es eine Begegnung mit der Polizei.
... tauchen die Rocker auf, deren Kumpel tot am See liegt.
... geschieht ein Unfall oder eine Panne.
Auswertung

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Samstag, 19. März 2011

Jessika-Süchtige dürfen aufatmen.

Sonntag früh um 2:22 geht es hier weiter. Ein Kostpröbchen:

»Zur Not können wir ja ins Gebüsch pinkeln«, sagte Johannes.

»Kennt dein schlaues Navigationsgerät keine Raststätten? Dann wüssten wir, wie lange es noch dauert.«

Na denn!

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Freitag, 18. März 2011

Sebastian Fitzek: Der Augensammler

Er war einmal Polizist, der Alexander Zorbach, der inzwischen als Journalist Jagd auf einen Serienmörder macht, der das älteste Spiel der Welt auf grausame Weise neu erfunden hat: Verstecken.
Der Augensammler, wie man den Verbrecher getauft hat, hat es auf Familien abgesehen. Er tötet die Mutter, verschleppt das Kind und gibt dem Vater 45 Stunden, nein, 45 Stunden und sieben Minuten, Zeit, das Opfer zu finden, bevor es in seinem Versteck stirbt. Der Vater sucht natürlich nicht allein, die Polizei und die durch  Medien angestachelte Öffentlichkeit dürfen mitspielen. Die Spielregeln stellt der Augensammler auf, und er hält sich daran. Den aufgefundenen Kinderleichen fehlt jeweils das linke Auge und ihr Todeszeitpunkt entspricht exakt der eingeräumten Frist.

Sebastian Fitzek ist es mit diesem Buch gelungen, mich zu fesseln und bis zur letzten Seite die Spannung nicht abreißen zu lassen. Wen hatte ich unterwegs durch die Seiten des Thrillers nicht alles im Verdacht … die falschen Fährten sind geschickt gelegt, das Unerwartete geschieht wirklich unerwartet, das Grauen hat seinen Namen verdient.
Ich habe letztes Jahr eine Lesung mit Sebastian Fitzek besucht, daher wusste ich bereits, dass »Der Augensammler« ein paar Besonderheiten bietet, die in Büchern sonst eher nicht zu finden sind. Die Seitennumerierung läuft rückwärts wie die Kapitelzahlen, es gibt nicht den einen Erzähler, sondern mehrere Personen wechseln sich ab, darunter der Augensammler selbst, der gut formulierte E-Mail zu schreiben vermag; auch die Perspektive eines entführten Kindes in seinem Gefängnis fehlt nicht. Die Frist bis zum Ablauf des Ultimatums steht am Beginn jedes neuen Abschnittes – und dass der Leser tatsächlich rückwärts bis zum Zeitpunkt des wirklichen, des unaussprechlichen Verhängnisses liest, erschließt sich erst ganz am Ende.
Als die letzte Seite gelesen war, fand ich mich entsetzt und atemlos bei Kapitel 1 wieder und stellte fest: Ein grandioses Buch aus der Feder eines herausragenden Erzählers, der inzwischen an der Fortsetzung der Geschichte arbeitet.
Via Facebook kann ich gelegentlich vom Fortschritt seiner Arbeit Kenntnis nehmen. Nach der Lektüre dieses Werkes bin ich mir ziemlich sicher, dass Augensammler Nummer 2 alles andere sein wird als ein müder Abklatsch oder verwässerter Aufguss. Dafür ist Sebastian Fitzek ein viel zu guter Autor.

Mein Fazit: Lesen! Und zwar sofort, sonst läuft das Ultimatum ab.



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Spam mit Zahlen und eckigen Klammern

Die Spammer haben offenbar die eckige Klammer und die Zahlen-Punkte-Kombination für sich entdeckt. Hach, was sind die wieder einfallsreich!

Mittwoch, 16. März 2011

So isses.

Twitter Probleme offensichtlich gelöst.
Jessika nicht weiter geschrieben.
Statt dessen viele Seiten eines spannenden Buches gelesen.
Und eine Siegfried Lenz Verfilmung mit Siegfried Lenz als Angler angeschaut.
Tja.
So isses.
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Wie wird man solche Twitterplagegeister los?

Gibt es hier Twitter-Kenner, die mir einen Tipp geben können? Wie wird man solche »Follower« los?

twitt

Und wieso können einige von ihnen ihren Schwachsinn unter meinem Namen verbreiten? Das sieht dann so aus:

image

Irgendjemand mit irgendwelchen Tipps für mich unter meinen Lesern? Dann her damit!

Dienstag, 15. März 2011

:-)

What we want is not more books about Christianity, but more books by Christians on other subjects -C. S. Lewis
I'll do my best. -Günter J. Matthia

Brian McLaren: A New Kind of Christian

Gutes Buch, sehr gutes Buch. Daniel Poole, ein so gut wie ausgebrannter Pastor, spielt mit dem Gedanken, seinen Beruf aufzugeben und Lehrer zu werden. Er spricht, als sich die Gelegenheit bietet, Dr. Oliver an, der Naturwissenschaften unterrichtet, um ein paar Details bezüglich der Anstellung, Bezahlung, der praktischen Arbeit zu klären. »Science is a piece of cake compared to what you do«, meint dieser und eine lebensverändernde Freundschaft beginnt.

Dan, der Pastor und Leo, der Naturwissenschaftler fangen an, sich auszutauschen über Gott und die Welt. Nach und nach wächst das Vertrauen, auch sehr persönliche Fragen werden angesprochen, und Dan entdeckt mit Leos Hilfe die Gründe seiner Frustration, Entmutigung und Erschöpfung im Beruf als Pastor – und er findet einen Weg aus der Sinn- und Glaubenskrise.

Die spannend erzählte Fabel von Brian McLaren öffnet den Blick auf Möglichkeiten, Christsein neu und anders zu leben als im vorigen Jahrhundert üblich und verbreitet: die Beziehung zu Gott wird wichtiger als kirchliche Strukturen, der Glaube ist eher ein Lebensstil als ein Gerüst aus Regeln und Verboten, echte Nächstenliebe und Hinwendung zu den Menschen ringsum zählt mehr als das Bewahren der »reinen Lehre«, eine Wanderung mit einem Freund kann richtiger und »christlicher« sein als der Besuch eines Gottesdienstes.

Ein solches Buch kann nicht ohne Widerspruch bleiben. Der »Schweizerische Bund aktiver Protestanten«, verlautbarte: »Dieses Buch zeigt ihn (McLaren) als einen gefährlichen Verführer, der mit allen Mitteln der Rhetorik ungefestigte Menschen vom biblischen Glauben weglockt. … A New Kind of Christian ist eine raffinierte Anleitung zum Abfall vom wahren, biblischen Glauben.«

Aha. So so. Hört hört. Was der »biblische Glaube« sein soll, wird nicht erläutert, aber offensichtlich gerät der in Gefahr, wenn jemand dieses Buch in die Hand nimmt.

Ich habe das Buch mit Begeisterung gelesen, mit nicht nachlassender Spannung den Dialog zwischen Leo und Dan verfolgt und eine ganze Menge des Gelesenen als glaubensstärkend empfunden. Aber vermutlich bin ich längst von dem Glauben abgefallen, den sie Schweizer Freunde so gefährdet sehen: Ich habe kein Problem damit, die Evolution als Gottes geniale Schöpfungsidee zu sehen. Ich setze mich auch mit homosexuellen Menschen an einen Tisch, ohne die Absicht zu haben, ihnen das Höllenfeuer um die Ohren zu schlagen. Ob meine Freunde Atheisten, Moslems, Buddhisten oder Christen sind, ändert nichts an meiner Wertschätzung.

McLarens Buch ist sicher nichts für Menschen, denen in ihren (katholischen, evangelischen, charismatischen, evangelikalen oder sonstigen) Glaubensstrukturen und –traditionen rundum wohl zumute ist. Es ist keine geeignete Lektüre für Christen, die sich im exklusiven Club mit ihresgleichen so kuschelig fühlen, dass die Welt um sie herum ruhig sein und bleiben kann, wie sie ist, solange man selbst immer mehr Segen, Gesundheit, Wohlstand, Salbung und wasnochalles bekommen kann. Solche Leser würden in den Schweizer Chor einstimmen und den gefährlichen Verführer, der dieses Buch geschrieben hat, an den Pranger stellen oder – falls möglich – an ein Kreuz nageln.

Christen, denen unwohl dabei ist, dass ihr Leben und ihr Glauben nicht so recht miteinander harmonieren, denen auffällt, dass das Gelehrte oft von Erlebten abweicht, dass ringsum Not herrscht, die niemand lindern will … solche Menschen werden dieses Buch nicht ohne Gewinn lesen. Nicht alles, was McLaren schreibt, wird auf Zustimmung stoßen, so ging es mir zumindest, aber das muss ja auch nicht sein. Manches ist auch »typisch amerikanisch« und mit unserer Gesellschaft nur bedingt vergleichbar. Man darf und soll dieses Buch durchaus kritisch lesen – A New Kind of Christian ist kein neuer Katechismus, den man abzuarbeiten hätte, um das ewige Leben nicht zu verspielen.

Auch wer nicht gläubig ist, könnte dieses Buch mit Interesse und Begeisterung lesen, fast möchte ich sagen sollte es lesen. Ich kenne Menschen, die durchaus Interesse am Christentum haben, aber auf gar keinen Fall jemals so werden wollen, wie dieser oder jener »bibeltreue« Christ, den sie kennen gelernt oder gehört oder gesehen haben. Wer weiß, ob Menschen, die mit gutem Grund einen Bogen um alles Fromme machen, jemals jemanden wie Leo und Dan treffen werden – dieses Buch könnte das abschreckende Bild des Christseins etwas relativieren helfen.

Mein Fazit: Sehr empfehlenswert, A New Kind of Christian ist eines der Bücher, die ich bis zur letzten Seite nicht aus der Hand legen wollte, wann immer ich Gelegenheit zum Lesen fand. Ein Buch, das zum Nach- und Weiterdenken anstachelt.

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Sonntag, 13. März 2011

Jessika – ein Verhängnis /// Teil 15

Eine einsame Stimme hat sich diese Fortsetzung für den Sonntag gewünscht. Hier ist sie. Vorher noch das Obligatorische: [Teil 1] /// [Teil 2] /// [Teil 3] /// [Teil 4] /// [Teil 5] /// [Teil 6] /// [Teil 7] /// [Teil 8] /// [Teil 9] /// [Teil 10] /// [Teil 11] /// [Teil 12] /// [Teil 13] /// [Teil 14]

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Bevor der Junge eine weitere Rüge einstecken musste, weil er natürlich den Mund nicht geleert hatte bevor er sich zu Wort meldete, sagte Jessika: »Das meinte Johannes nicht, dass ihr beide eine Weile unterwegs wart. Er fragt sich, wo meine eigene Heilungskraft war, als ich sie gebraucht hätte, stimmt's?«

Johannes nickte nur.

»Ich hatte schon zu viel Blut verloren«, erklärte sie. »Das Leben, so viel weiß auch die Bibel und jeder Arzt dieser Welt zu berichten, ist im Blut, und wenn das Blut schwindet, dann schwindet das Leben mit ihm. Und gleichzeitig auch die bei unserer Art wesentlich stärkere Kraft, gesund zu werden, die ihr normalen Menschen nur sehr eingeschränkt besitzt. Es war einfach schon zu spät, mir selbst zu helfen.«

Giacomo schüttelte den Kopf. »Ich will das alles eigentlich nicht wissen. Alesia hat mir damals, als wir heiraten wollten, erklärt, dass sie nicht – äh – also dass sie zwar ein Mensch ist, aber auch das Erbe einer Rasse – einer Art – dass sie etwas in sich trägt, also dass sie anders ist. Ich habe das akzeptiert, aber nicht ganz verstanden. Es ist mir egal. Und heute hat sie mir, als ich nach Hause kam, erzählt, dass Luca – na ja, dass er dazugehört. Luca trug bereits die Motorradjacke und hatte den Helm in der Hand. Alesia hat mir erklärt, wohin wir fahren müssen und eingeschärft, dass ich tun soll, was Luca verlangt, um dich«, er sah Jessika stirnrunzelnd an, »zu retten. Auf dem Motorrad kann man nicht richtig miteinander reden, aber ich habe unterwegs so viel begriffen, dass ich meinem Sohn dann den Arm mit meinem Rasiermesser aufgeschnitten habe, als er ihn mir hinstreckte. Das Messer hatte Alesia in meine Jacke gesteckt. Gefallen hat mir das aber nicht, so viel ist sicher.«

Johannes nickte vor sich hin. Er überlegte, ob er den Hautkontakt noch einmal ansprechen sollte, war sich aber nicht sicher, ob das für einen Zwölfjährigen nicht doch zu peinlich wäre. Luca hatte sich zwar ohne zu zögern – und vermutlich ohne überhaupt darüber nachzudenken – das Hemd vom Leib gerissen und sich auf die unbekleidete Sterbende gelegt, aber als es Jessika dann besser ging, vermied er jeden Blick in ihre Richtung, bis sie sich angezogen hatte. Zuvor waren Jessika und Johannes noch einmal in den Lago di Montepulciano gestiegen, um das Blut abzuwaschen. Luca hatte gewartet und dann darum gebeten, dass niemand hinschaute, als er selbst aus dem gleichen Grund kurz ins Wasser ging.

Giacomo blickte auf seine Armbanduhr und drängte zum Aufbruch. Er hatte alles stehen und liegen lassen, Alesia wollte sich zusammen mit Sofia um die Auslieferungen kümmern, damit wenigstens die Restaurants und Geschäfte ihre bestellte Waren bekamen, aber es blieb natürlich einige Arbeit liegen wegen dieses Ausfluges.

»Das Motorradfahren ist ja sicher auch nicht das Richtige für die Bandscheibe«, bemerkte Johannes.

Luca lachte und erklärte fröhlich: »Das haben Mama und ich vor der Abfahrt noch schnell in Ordnung gebracht. Papa hatte sein Leiden sowieso lange genug genossen, jetzt ist er gesund.«

»Genossen? Diese Schmerzen? Monello!« schimpfte Giacomo, allerdings mit einem verschmitzten Grinsen.

Jessika und Johannes verabschiedeten sich von ihren italienischen Freunden, dass man sich in absehbarer Zeit wiedersehen würde, war nicht sehr wahrscheinlich. Sie trugen herzliche Grüße an Alesia und Sofia auf und winkten hinterher, bis das Motorrad außer Sicht war. Dann standen sie etwas unschlüssig auf dem Parkplatz.

»Ich meine immer noch, dass du so schnell wie möglich aus dem Land musst«, brach Johannes schließlich das Schweigen. »Wir sollten die Nacht durchfahren.«

Jessika sah ihm in die Augen. Ihre Stimme klang zögerlich, unsicher. »Kann ich dir vertrauen? Es scheint so, bisher zumindest. Du weißt zu viel über mich, Johannes, viel zu viel. An und für sich dürftest du mit diesem Wissen nicht länger auf der Welt herumspazieren.«

»Wir lernen uns immer besser kennen, so sollte es ja auch sein. Kann ich denn dir vertrauen? Wenn du im Ristorante Mengrello nach Pedro fragst und anschließend wieder eine Waffe bei dir hast – wirst du sie gegen mich richten?«

Jessika zuckte mit den Schultern. Sie überlegte, ob sie die volle und reine Wahrheit sagen sollte oder nicht. Kenne ich die Wahrheit überhaupt selbst? Weiß ich denn, ob Nitzrek plötzlich einen Auftrag erteilt? Muss ich überhaupt antworten?

Johannes ließ ihr Zeit. Er brauchte ja keine Antwort, aber er wollte, dass Jessika sich mit diesen Gedanken beschäftigte. Sie sollte zu einer Entscheidung kommen, die für sie ungewohnt war, die gegen ihre Natur ging. Falls das gelang, konnte die Zukunft eine andere Wendung nehmen als er geplant hatte. Wohin das dann wiederum führen würde, war nicht abzusehen, aber der morgige Tag würde für sich selbst sorgen, erst einmal ging es um die Nacht, die vor ihnen lag.

Schließlich seufzte Jessika und trat dicht an ihn heran. »Nimmst du mich bitte in die Arme?«

Johannes drückte sie an sich und hielt sie fest. Sie legte ihren Kopf an seine Brust und murmelte: »Ich wünsche mir, dass du mir vertrauen kannst. Ich habe nicht vor, dir etwas anzutun. Ich will dir nichts antun. Aber ich bin nun mal eine Nephilim. Es gibt Gesetze, es gibt Regeln.«

Jessika weint. Er strich ihr sanft über den Rücken, als er spürte, wie nahe sie den Tränen war. »Jessika, natürlich gibt es die. Und dennoch lebt Giacomo mit seiner Nephilimfrau, anstatt im Grab zu liegen. Er ist ein Mensch, ein reinrassiger. Er kennt Alesias Geheimnis. Und jetzt auch das seines Sohnes.«

Johannes spürte, dass sein Hemd feucht wurde. Jessika weinte, schmiegte sich an ihn, hielt ihn fest mit zitternden Armen. Er wartete, ließ ihr Zeit. Es gab keine Eile, es wäre unklug gewesen, diesen Prozess abzukürzen, abzubrechen. Sie weinte die Tränen eines Kindes, dem die Kindheit viel zu früh geraubt wurde. Die Tränen einer Jugendlichen, die keine Jugendliche hatte sein dürfen. Die Tränen einer jungen Frau, die dem einzigen tief geliebten Menschen in ihrem Leben die Kehle durchgeschnitten tat. Die Tränen eines Menschen, der gefangen ist und Freiheit nicht für möglich hält.

Wie lange sie dort auf dem Parkplatz standen, umschlungen wie ein Liebespaar, war schwer zu schätzen. Die Minuten wurden zur Ewigkeit, die Ewigkeit gerann zu Minuten. Zeit spielte keine Rolle, hörte auf zu existieren. Schließlich ließ das Beben ihres Körpers nach. Jessika ließ Johannes los und kramte in ihrer Tasche nach den Papiertaschentüchern.

»Was bin ich für eine Heulsuse«, schniefte sie und schnäuzte sich. »Du hältst mich jetzt bestimmt für ein sentimentales Weichei.«

»Nein.«

»Doch.«

»Nein.«

»Was dann?«

»Du bist ein liebenswertes, kostbares Geschöpf, das an Grenzen stößt, die schmerzhaft sind.«

»Liebenswert? Du spinnst ja.«

»Nein. Ich meine das ernst.«

Jessika schüttelte den Kopf. Sie sah sich um, es wurde inzwischen dunkel. Weit und breit war kein Mensch zu sehen, der Parkplatz lag hinter dem Gebäude, in dem das Restaurant war. Außer dem schwarzen Dodge stand nur noch ein ziemlich verrosteter Fiat Punto auf der Asphaltfläche. Wenn ich wollte, könnte ich dich jetzt umbringen. Ich würde dich überraschen mit dem Angriff, und wenn ich deine Kehle erst mal im Griff habe, dann bist du verloren. Aber ich will dich nicht töten; was machst du bloß mit mir? Wer bist du?

Johannes fischte den Autoschlüssel aus seiner Jeanstasche und drückte auf den Knopf für die Entriegelung. Die Blinker leuchteten zweimal auf und die Scheinwerfer gingen an. Er legte seinen Arm um Jessikas Schultern, sie gingen zum Auto.

»Willst du fahren?«, fragte er.

»Ich darf dein Ungetüm steuern? Natürlich will ich!«

Er reichte ihr den Schlüssel und nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Jessika stieg ein und stellte Sitz und Spiegel auf die passenden Positionen.

»Wohin?«, fragte Johannes, als das Navigationsgerät zum Leben erwachte. »Willst du die Pistole kaufen oder fahren wir durch nach Österreich?«

»Falls es Grenzkontrollen gibt, was ja nicht zu erwarten ist, wäre eine Waffe eher hinderlich.«

»Kontrollen sind unwahrscheinlich, aber andererseits sucht die italienische Polizei immer noch eine Mordverdächtige.«

»Eben. Ich glaube, wir fahren lieber durch, ohne dass ich Pedro treffe.«

Johannes nickte zufrieden und gab Innsbruck als Ziel ein. »Du wolltest und solltest noch etwas altern, bevor wir in die Nähe der Grenze kommen«, erinnerte er Jessika, als sie vom Parkplatz fuhren.

»Weißt du wie viel Geld Frauen ausgeben, um jünger auszusehen als sie sind?«

»Viel Geld, davon leben ganze Industriezweige.«

»Und ich soll jetzt altern.«

»Genau. Kein Polizist hält nach einer 40jährigen Ausschau.«

»Na gut, für dich brauche ich ja nicht jung und schön sein, du bist ja schwul.«

Johannes lachte laut und herzlich. »Wir kommst du denn darauf?«, fragte er, als er wieder reden konnte.

»Weil du kein Interesse an meinem Körper hast. In der Pension in Parma schon hättest du Anzeichen erkennen lassen können, am ersten See und am zweiten, dann als ich aus der Dusche in Alesias Wohnzimmer kam … Aber auch vorhin, als ich in deine Arme geschmiegt war – danke übrigens, es hat mir gut getan – hat sich dein Penis nicht gerührt. Ich war dir nah genug, um das zu spüren.«

»Ach und deshalb bin ich schwul.«

»Ja. Bisher hat mich jeder Mann begehrt, dem ich auch nur einigermaßen nahe gekommen bin. Das hat mir ja auch meine Aufgabe erleichtert.«

Johannes grinste noch immer. »Es könnte ja auch andere Gründe geben, oder?«

»Du bist impotent«, gab sie zurück.

»Falsch.«

»Doch, schwul oder impotent.«

»Jessika, ich versichere dir, dass weder das eine noch das andere zutrifft. Beides wäre ja kein Verbrechen, nichts, dessen man sich schämen müsste, aber es stimmt nicht.«

»Dann will ich, dass du mit mir schläfst. Irgendwo unterwegs halten wir an, Decken sind ja im Kofferraum und warm genug ist die italienische Nacht auch.«

Jessika gab Gas, sie waren auf der Autobahn angekommen.

»Du kannst den Tempomat einschalten, wenn du willst«, sagte Johannes. »Dann fährt es sich entspannter.«

Sie suchte mit den Fingern nach dem Hebel am Lenkrad.

»Knopf drücken zum Einschalten und dann kurz nach unten bei der gewünschten Geschwindigkeit«, erklärte Johannes.

Jessika nahm den Fuß vom Gaspedal, der Wagen hielt die 120 Stundenkilometer und schnurrte behaglich die Autobahn entlang.

»Hast du auch so einen Knopf, mit dem man dich einschalten kann? Deinen Penis, meine ich?«

»Du bist ziemlich auf Sex fixiert, kann das sein?«

»Männer sind ständig auf Sex aus«, stellte sie mit Bestimmtheit fest.

»Nicht alle Männer.«

»Fast alle.«

»Viele.«

»Aber du nicht?«

Johannes lächelte und blickte geradeaus auf die relativ leere Autobahn. Jessika sollte, nein, sie musste einiges selbst herausfinden, andernfalls würde sie nicht überzeugt sein. Als er sie in Parma angesprochen hatte, in jener dunklen Straße, wusste er noch nicht, wie sich die Geschichte entwickeln würde. Er hatte noch keine Ahnung von Alesia und Luca, noch nicht einmal eine klare Vorstellung, welcher Art von Wesen Jessika eigentlich angehörte. Er hatte nur vor, sie besser, sie überhaupt richtig kennen zu lernen. Natürlich war ein erotisches Stelldichein ein verlockender Gedanke, aber bei dem Gedanken musste es auch bleiben. Warum das so war, darauf musste sie selbst kommen. Wie er sie an den Punkt bringen konnte, fiel ihm im Moment allerdings nicht ein.

»Du findest mich schon hübsch, oder?« fragte Jessika, als er keine Antwort gab.

Johannes schaute zu ihr hinüber, trotz der relativen Dunkelheit im Wagen konnte er sehen, dass sie die Stirn gerunzelt hatte. Er nickte und bestätigte: »Du bist sehr hübsch. Zweifellos. Mit und ohne Kleidung.«

Jessika schaute kurz von der Straße weg zu ihm hinüber und erklärte: »Unansehnlich bist du auch nicht, mit und ohne Kleidung. Nicht mehr der jüngste, aber ich alterte ja gerade ebenfalls.«

»Das geht so nebenbei, beim Autofahren?«

»Ja, einfach so. Es ist eine Sache des Willens, des Wollens, eine Entscheidung. Es dauert eine Stunde ungefähr, dann bin ich 40 Jahre alt. Für Menschen ist der Vorgang allerdings nicht verständlich, fürchte ich.«

»Wir Menschen«, sagte Johannes, »verstehen vieles nicht. Wir reimen uns dann eine Erklärung zusammen oder bestreiten die Tatsachen. Oder wir reden, wenn wir ausreichend religiös sind, von einem Wunder.

»Oder von einem Märchen.«

»Das meinte ich mit Tatsachen bestreiten.«

Jessika dachte zurück an Bernd. Sie war seine Muse geworden, er schrieb in seinen Horror- und Kriminalgeschichten auf, was sie ihn unwissentlich wissen ließ. Sie erlebte, was er dann als Fiktion niederschrieb. Dass ihm irgendwann die Wahrheit dämmerte, war sein Todesurteil gewesen. Ich war drauf und dran, dich mehr zu lieben, als unsere Gesetze, Bernd. Nun saß sie im Auto eines immer noch undurchschaubaren Mannes, und schon wieder geriet sie in Versuchung, das Gesetz aller Gesetze zu missachten. Kein Mensch darf einen Angehörigen der Nephilim identifizieren und mit dem Leben davonkommen. Wir sind ausgestorben oder haben nie existiert. Andererseits hatte Johannes vorhin Recht gehabt, was Giacomo und womöglich Sofia betraf.

»Du bist nicht zufällig Schriftsteller?« fragte sie.

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Nun ist wieder de geschätzte Lesegemeinde gefragt:

Johannes ...
... rückt mit der Wahrheit heraus.
... lässt Jessika im Unklaren.
... offenbart nur einen Teil der Wahrheit.
Auswertung
Fort? Setzung. Folgt.

Freitag, 11. März 2011

Sonntag oder Montag?

Die nächste Folge der Jessika-Geschichte ist fast fertig. Wann hätten die geschätzten Blogbesucher denn gerne die Fortsetzung? Am Sonntag oder erst am Montag?